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Der Leuchtturm

von Robin Längert

Letztes Jahr kam er leider erst im November in die deutschen Kinos, wodurch er knapp unsere Frights verpasst hat. Doch für dieses Jahr haben wir ihn an Board geholt: Der Leuchtturm von Robert Eggers, dem Regisseur von The VVitch.

Wenn Der Leuchtturm umschrieben werden soll, wird gerne gesagt, er sei im Reich der Seefahrermythen angesiedelt. Nun, das muss man sich folgendermaßen vorstellen: Jeder kennt Der weiße Hai von Steven Spielberg und jeder erinnert sich wohlmöglich noch an die nächtliche Szene in der Kajüte, wo die schnapstrinkenden Männer Karten spielen und die Schwärze des Meeres immer präsenter um sie herum wird, während sie ins Erzählen alter, finsterer Geschichten verfallen. Streckt man diese Geschichten auf Spielfilmlänge und platziert sie ins 19. Jahrhundert, so käme sicherlich ein Schreckgespenst, wie Der Leuchtturm zum Vorschein.

Ja, es ist ein Film, nach dem sich jeder Cineast und Filmliebhaber die Finger leckt. Und tatsächlich ist es genau dieser Film geworden, auf den man so unendlich gehofft hat. Das liegt an einigen Aspekten der Umsetzung. Einem ganz offensichtlichen Schauwert haben die beiden Hauptdarsteller Robert Pattenson und Willem Dafoe. Die spielen ihre rauen, bärtigen Figuren so unschlagbar gut, dass ihre zahlreichen Nominierungen bei den vielen Filmfestivals und Preisverleihungen das Mindeste waren. Immerhin durfte Dafoe den Independent Spirit Award zu sich nach Hause nehmen, denn wer spätestens nach dem „wellenachlagenden“ Neptun-Monolog seine Performance nicht würdig (um ihn mal unverdient auf eine Szene herunterzubrechen), hatte vielleicht nur ein einfaches Sprachproblem. Denn der Gargon ist nochmal eine eigene Leistung für sich.

Wie schon für The VVitch orientierte sich Eggers an zeithistorischen Tagebüchern und weiteren Schriften, die den Dialogen ihre Authentizität verleihen. Und tatsächlich ist es keine Schande, wenn man sich den Film lieber ein Mal in seiner Muttersprache ansiehen möchte – denn selbst dann ist ein komplettes, sprachliches Verständnis nicht garantiert. Doch das macht diese grandiose Grundstimmung des Filmes aus. Sie kapselt dich komplett von der Realität hab und verschlingt dich in seinem blechbläsrigen, unheilvollen Score und seinem 1:1,19 Bildformat, welches zur damaligen Stummfilmzeit Standard war.

Es ist wahrscheinlich die Konsequenz all seiner Mittel, die den Folklore-Horror so beeindruckend macht. Bis zum bitteren Ende zieht Eggers das narrative Korsett altertümlicher Mythen und Gothic-Kurzgeschichten durch, wie man sie von Bram Stokers Erzählungen (allen voran Das Haus den Richters) und jene von Irving Washington (Die Sage von der schläfrigen Schlucht) aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts kennt. Es ist die Liebe zum Genre, zum Medium, zur abergläubigen Gruselströmung, die alles zu einer in sich geschlossenen Atmosphäre verbindet. Schaut ihn euch gerne in voller Lautstärke an, denn das Sounddesign mitsamt des scheppernden Nebelhorns und den angsteinflößenden Klängen des Soundtracks bieten ein faszinierendes Filmerlebnis. (P.S.: Dieser Film hat nur 4 Mio. Dollar gekostet!)

Empfehlenswert für Halloween, weil Anhänger der britischen Gothic-Romane aus dem 19. Jahrhundert mit dem Sabbern nicht mehr aufhören können, sobald dieser Film gestartet ist. Mehr Atmosphäre und Folklore im schwarzweißen Bildformat der alten Stummfilmzeit ist zweifellos unmöglich.

Regie: Robert Eggers
Drehbuch: Max Eggers & Robert Eggers
Produktion: Youree Henley, Lourenço Sant’ Anna, Rodrigo Teixeira & Jay Van Hoy
Darsteller: Robert Pattinson, Willem Dafoe
Erscheinungsjahr: 2019
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Lauflänge: 109 Minuten
Budget: 4 Mio. USD
Box-Office: 18,2 Mio. USD

Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures.

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