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Ekel

von Robin Längert

Nach seinem polnischen Filmdebüt Das Messer im Wasser zog es den jungen Filmemacher Roman Polanski nach England, wo er mit Ekel nicht nur den Start seiner hochangesehenden Mieter-Trilogie realisierte, sondern sein Sprungbrett für eine großartige Filmographie erschuf.

Mit starken Einflüssen von Franz Kafka zeichnet Polanski den psychologischen Horrorfilm bzw. das furchteinflößende Psycho-Drama rund um die Tagträumerin Carole, die mit ihrer Schwester gemeinsam in einer WG wohnt. Während ihre blutsverwandte Mitbewohnerin mit ihrem Freund nach Rom verreist, wird Carole im Zuge der Isolation mit den Schluchten ihrer Psyche konfrontiert.

Während des Zerfallprozesses der bildhübschen Blondine folgt der Zuschauer ihr in subjektiven Bildkompositionen, die eine zerstörerische Teilnahme an ihrem Leiden ermöglichen. Wir sehen ihr Umfeld, wie sie es sieht. Wir sehen Männer, die durch ihre zurückhaltende Art angezogen werden und sich wie gezwungen fühlen sich ihr sexuell zu nähern. Wir sehen den Zerfall ihrer Wohnung, Risse in den Wänden, die Verwesung von Lebensmitteln. Und immer wieder scheinen Männer von ihr angezogen zu sein, als würde ihre Ausstrahlung unverwechselbare Assoziationen hervorrufen. Dabei hasst sie die Männer. Sie verspürt gnadenlosen Ekel.

Überwiegend wird das Geschehen mit Handkameras aufgezeichnet, was das Seherlebnis überaus sperrig macht. Polanski möchte nämlich nicht unterhalten, sondern erzwingen, dass wir hinsehen und versuchen wollen Carole zu verstehen. Das mag in seinen ersten zwei Dritteln durchaus schleppend erscheinen, doch ist man schon längst in seiner Sogwirkung gefangen, ehe man es nicht mehr ertragen kann. Den schleichenden Horror setzt er dafür so unfassbar minimalistisch ein, dass manche unerwarteten Sequenzen ihre volle, perverse Wirkung erzielen. Ebenso wechselt der Soundtrack vom Jazz zu animalischen Percussions bis lediglich das Ticken der Uhr zu hören ist, während sie in ihren Träumen mit unerträglicher Zeitempfindung vergewaltigt wird. Und das wieder. Und wieder. Und immer wieder bis wir gnadenlosen Ekel verspüren.

Roman Polanskis Ekel ist harte, psychologische Horrorkost, die mit dem Unausgesprochenen und den kafkaesksten Albtraumbildern die volle Wirkung erzielt. Sein schleichender Prozess mag eine Geduldsprobe sein, doch dürfte er sich keinesfalls mehr überschlagen. Darüberhinaus spielt Catherine Deneuve die Protagonistin mit einer solch bahnbrechenden Intensität, dass sie mit ihrem Verhalten die richtigen Fragen beim Zuschauer auslöst. Bis auf einer einzigen, voyeuristischen Sequenz bleibt dieses surreale Psycho-Drama ein subjektiver Spion zu einer Seele, deren Ursprung schon seit Jahren auf dem Familienfoto spukt.

Empfehlenswert für Halloween, weil die düsteren Bilder und das verstörende Psychogramm noch lange nicht nach Beendigung des Filmes abebben.

Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Studiocanal.

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