Wir

von Sean Theumer

Nachdem Jordan Peele mit Get Out einen der besten Horrorsatiren des Jahrzehnts inszenierte, war die Vorfreude auf Wir riesig. Schafft es ein Comedian wirklich der Welt zu beweisen, dass er keine Horroreintagsfliege ist? Die Antwort lässt sich mit Wir leider nicht direkt beantworten, die Arbeit von Peele in diesem Jahr ist aber sicherlich eine sehr faszinierende.

Dabei steht man als Zuschauer im konsequenten Zweispalt. Einerseits ist Wir ein stimmungsvoll komponierter und kompetent inszenierter Horrorfilm. Andererseits scheitert an seiner eigenen Ambition und der Absicht alles auf Kopf drehen zu wollen. Es beginnt wie in Climax. Eine Werbung für die Aktion Hands around America. Im Schrank neben dem Fernseher stehen diverse Kassetten von Filmen, die Einfluss auf die Stilistik von Wir hatten.

Generell lässt sich sagen, dass die erste Dreiviertelstunde ein erneuter Beweis für die Regie von Jordan Peele ist. In stimmungsvoll arrangierten Hochglanzbildern bildet sich eine bedrückende Stimmung. Es geht um Traumaverarbeitung, dysfunktionale Familien und politische Kommentare. Soweit alles beim Alten. Doch seinen roten Pfaden verliert der Film ausgerechnet dann, wenn sein Bedrohungsszenario einsetzt. Mit dem Auftauchen der Doppelgänger verliert Wir seinen Drive. Alles in der Handlung gerät austauschbar.

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Druckvollen Terror kann Peele dann nämlich gar nicht mehr aufbauen. Viel zu lange plätschert die Handlung im Kreis, setzt im Überlebenskampf selten Akzente. Herausstechen tut dabei jedoch auch Kommentar zum Zeitgeist in Form einer Amazon Alexa. Solche Spitzen und Seitenhiebe hätte Wir nämlich öfter gebrauchen können um herauszustechen. Denn spätestens im Finalakt entstellt sich der Film selbst. Gerne bricht in den kontemporären Filmwelt die Debatte über Logik im Horrorfilm aus.

Die ist meist verbunden mit überraschenden Wendungen. Hier wird diese Überraschung jedoch schon im ersten Bild des Filmes vorweg genommen. Ein weißer Hase vor einem Kaninchenbau. Wenn es zum Schluss also in den Kaninchenbau geht, ergibt nichts im Film mehr einen Sinn. Wir zerstört sein Inneres und wirft nur noch Fragezeichen auf. Wie kann etwas, das so gut und kompetent inszeniert wird inhaltlich nur so löchrig sein? Eine Antwort darauf finden auch wir nicht.

Terror sucht man vergebens. Stimmungsvolle Bilder und Akzente blitzen an jeder kleinen Ecke auf. Selbst das Schlussbild ist der blanke Wahnsinn. Nur gibt es abseits von vielen Einzelszenen im großen Ganzen kaum die Klasse die mit Get Out erreicht wurde. Wir ist ein faszinierendes Scheitern.

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Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures Germany

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