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1917

von Sean Theumer

Der erste Weltkrieg aus Zuschauerperspektive im Kinosessel. Sam Mendes inszeniert mit 1917 einen kontinuierlichen, ohne sichtbaren Schnitt gebrochenen Film der schon in seinem Trailer wie ein technisches Wunder wirkte. Doch bleibt mehr als Perfektion in technischer Hinsicht im fertigen Produkt übrig?

Nun ja, wer schon ein Mal Call of Duty gespielt hat weiß wie ruppig es auf dem Schlachtfeld werden kann. In 1917 gibt es keine Quicktime-Events und dennoch fühlt sich alles wie ein in Level konzeptioniertes Abhaken von Stationen an. Lange hält sich Sam Mendes nicht am Aufzieher der Geschichte auf, stattdessen dauert es keine fünf Minuten und unsere Protagonisten rennen durch die verwüsteten Landschaften. Und da wird der Film seiner Werbung absolut gerecht. Die Inszenierung ist bahnbrechend.

Die Kontinuität die durch die Filmtechnik erzeugt wird, kulminiert in einer intensiven Seherfahrung die in präzise angelegten Spannungssequenzen gipfelt. Dabei ist der Auftritt einer Ratte in einem Tunnelsystem nur die Spitze des Eisberges. Man kann zurecht sagen, dass die erste Stunde von 1917 zweifellos an Perfektion grenzt, weil Sam Mendes seine Zügel koordiniert in der Hand hält. Dabei findet der Film seinen emotionalen Höhepunkt auf einem Bauernhof, wonach sich das Konzept leider stark abnutzt.

Denn es folgt ein Kniff der leider erstmal für eine ganze Weile die Spannung aus dem Geschehen nimmt. Wie intensiv wäre es gewesen, wenn beide Protagonisten nur 100 Minuten Zeit gehabt hätten um die Nachricht zu überbringen. Wie stark hätten wir gebangt, dass die Hindernisse nicht zu viel Zeit rauben. Wie zermürbend wäre die Stimmung bei einem Feindkontakt gewesen? Leider gibt es eine Schwarzblende mit der einige Stunden vergehen. Ab diesem Zeitpunkt stützt sich das Drehbuch mehrere Male in haarsträubende Deus-Ex-Machina Momente nur um als Katalysator der Handlung zu fungieren.

Auch wenn das bereits im Trailer angeteaserte Finale nochmal ordentlich Druck ausübt und das Ende sich glücklicherweise einen Epilog erspart geht dem Film die Luft aus. Der technische Aspekt kann nicht die komplette Laufzeit am Ball halten. Noch dazu wirkt der Soundtrack viel zu wirkungslos für eine passende Untermalung der Szenenabfolge. Da war das omnipräsente Ticken im Score von Dunkirk viel wirkungsvoller. Dunkirk erweist sich hier ohnehin als der intensivere Film, allein weil er ohne Abspann nur knapp über 90 Minuten geht.

Im Kern bleibt auch hier ein packendes Kinoerlebnis, das leider dramaturgisch nicht über die volle Laufzeit unterhalten kann und sich so als Erlebnis auf Einzelszenen berufen muss. Noch dazu wäre eine Reduzierung der Laufzeit deutlich effizienter gewesen. 1917 ist kein schlechter Film, nur nicht effizient genug für seine Prämisse. Es bleibt ein Rätsel wie er sich in seiner Kategorie bei den Golden Globes durchsetzen konnte.

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures

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