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Die Verlegerin

von Robin Längert

Der damalige Pionier des qualitativen Massenkinos Steven Spielberg ist noch lange nicht müde und dreht nach wie vor Filme wie vom Fließband. Sein erster Film dieses Kinojahres, Die Verlegerin, darf sogar in zwei Kategorien bei den Oscars auftauchen: Bester Film und beste Hauptdarstellerin (Meryl Streep). Nachdem vor zwei Jahren das Journalismus-Drama Spotlight die große Haupttrophäe gewann, ist auch dieses Jahr ein Vertreter dieser Rubrik vertreten. Aber warum? Aufgrund neuen, innovativen Diskussionen über Pressefreiheit? Oder einfach, weil er sich einer eigenen, künstlerischen Vision verweigert und er sich den Jury-Senioren versklavt? Eine äußerst schwierige Frage.

Die Washington Post ist im Zuge des angespannten politischen Klimas in den USA umso mehr darauf fixiert eine bahnbrechende Story für die Titelseite zu finden. Dank eines Kriegsveteranen, der in Vietnam gedient hat, kommen sie schließlich an unvorstellbare Regierungsgeheimnisse – doch steht mit der Veröffentlichung die gesamte Redaktion auf dem Spiel.

Es ist immer eine Herausforderung für einen Regisseur eine Geschichte zu erzählen, die von vorne bis hinten durchgekaut ist. Dass das jedoch glanzleistend möglich ist, bewies zuletzt erst dieses Jahr Paul Thomas Anderson Liebesdrama der Londoner Fashionszene Der seidene Faden. Doch Spielberg geht einen gänzlich anderen Weg. Er verweigert sich Neuinterpretationen oder spielerische Umsetzung mit den Erwartungshaltungen. Stattdessen erzählt er seine Story, als wäre sie die erste seiner Art und ignoriert damit die gesamten 42 Jahre zwischen seinem Film und Die Unbestechlichen von Alan J. Pakula. Das ist nicht nur dreist, sondern auch beleidigend.

Sicherlich könnte man meinen, dass sein nüchterner Erzählstil sich umso mehr auf den Inhalt fokussiert. Ebenso könnte man annehmen, das Thema sei nach wie vor brennend aktuell. Das alles mag stimmen, besonders in Hinsicht auf den vielen, in der Türkei inhaftierten Journalisten, doch ist zu bezweifeln, dass sich der Film tatsächlich auf internationale, aktuelle Geschehnisse bezieht. Vielmehr dreht er sich im Kreis und schließt mit Fokus auf die USA ab, was die sonst gelungene Aussage des Dramas abflachen lässt.

Während die Umsetzung bereits sehr unschön mit billig wirkenden Studioaufnahmen auffällt, pusht Spielberg krampfhaft seine „für alle starken Frauen auf dieser Welt“-stehende Hauptdarstellerin, die sich trotz gesellschaftlich hoher Position wie ein Normalbürger aus der Mittelschicht benimmt, schneller rechnen kann als alle anderen und ihr Ego vorbildlich runterschluckt, um Stolz und Respekt zu zeigen. Ich habe selten mehr abkotzen müssen im Kino als bei diesem aufgezwungenen Gutmensch-Auftreten von Meryl Streep. Doch statt jene Künstlichkeit zu ignorieren, wird sie selbstverständlich von der Academy nominiert. Logisch, da man mit realitätsfernen Zuckerwatten-Gesellschaftsbildern ein wichtiges Statement setzt: „Sei nicht wie Meryl. Sei Meryl.“

Statt filmisch oder inhaltlich neue Wege zu nehmen, geht Spielberg auf Nummer Sicher und verfilmt den bekannten Stoff mit allen Konventionen, die ihm zu Verfügung stehen. Versucht man dabei einen Bezug zum aktuellen Weltgeschehen mithilfe des Filmes zu finden, wird das auch sicherlich gelingen. Damit ist jeder Zuschauer weitaus innovativer als das gesamte Journalismus-Drama Die Verlegerin.

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures.

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