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Extraction 2

von Sean Theumer

War Extraction im Jahr 2020 ein guter Film? Darüber lässt sich streiten, aber er brachte ein lang vermisstes 80er Feeling ins Hause Netflix mit seiner brachial gefilmten Action deren Kreativität man in hochbudgetierten Blockbustern vergeblich sucht. Über den virtuosen Long-Take redete das gesamte Internet völlig zurecht. In der Mitte viel zu viel Leerlauf und ein erfrühtes Zünden dieser Actionszene trübten jedoch das Gesamtbild. Bei den Streamingzahlen nicht verwunderlich, dass eine Fortsetzung gemacht wurde.

Da bleib die Frage übrig inwiefern Extraction 2 die Fehler seines Vorgängers korrigiert oder doch in die Fußstapfen einer klassischen Fortsetzung tritt und am Kalkül (Höher, Schneller, Weiter) scheitert. Zumindest, dass es satte 3 Jahre gedauert hat suggeriert eine erhebliche Planungsdauer und auch der erste Teaser ließ das Wasser im Munde zusammenlaufen. Es ist, wenn auch verspätet, Zeit einen Blick zu riskieren.

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Und wie leitet man den Text jetzt passend zu einem Film ein, bei dem das Fazit darin liegt, jeder Person die länger nicht mehr bei Actionszenen gestaunt hat zu empfehlen diese Rezension sofort abzubrechen und den Netflix Stream zu starten. Extraction 2 hat natürlich die Schwächen einer Fortsetzung und auch die Abzüge im Pacing sind geblieben, aber was an Schauwerten geboten wird überwiegt so gut wie jeden Kritikpunkt der das Skript verdient als mau bezeichnen darf, die 120 Minuten bewusst kritisieren darf weil eine kompaktere Narration auf 100 Minuten zu einem Meisterwerk geführt hatte und dass das Ende des ersten Teils kompletter Humbug im Bezug auf Tyler Rakes Regeneration ist.

Aber wenn ein 12 Minuten Long-Take aus dem ersten Teil mit einem deftigen 21 Minuten One-Take (nur die Action, der eigentliche Take geht sogar noch etwas länger) kontert und von einer ruppigen Gefängnisschlägerei in eine Autoverfolgungsjagd übergeht um am Ende auf einem fahrenden Zug mit Miniguns auf Helikopter zu schießen, wollte flexen und die Muckis spielen lassen. Und damit ein ganz klare Nachricht an die Action-Enthusiastinnen: Wer das nicht gesehen hat ist selber Schuld. Spätestens wenn Hanteln in Gesichter geschlagen werden und stecken bleiben setzte auch meine kritische Betrachtung aus und ich applaudierte alleine dem Fernseher entgegen.

Zu schade nur, dass Sam Hargrave auch diese Szene direkt im ersten Akt ausspielt und die Messlatte damit in unerreichbare Höhen katapultiert. Dadurch fällt das genau so lange und unglaublich dynamisch inszenierte Setpiece in Wien beinahe durch. Auch hier wird kreativ mit allerhand Utensilien gearbeitet, auf engem Raum äußerst dynamisch gefilmt und rabiat getötet, doch im Schatten der noch besseren Szene eine halbe Stunde vorher verpufft diese. Spätestens wenn im Finale dem Geschehen die Luft komplett ausgeht und die Geschichte öde ausblendet fragt man sich wieso die Struktur des Filmes mal wieder so beschissen ist. Da ist es zu verschmerzen, dass die Geschichte unnötig aufgeblähter Humbug ist und der Antagonist ein bestenfalls blasser Widersacher ohne echte Bedrohung ist. Nicht aber, dass im schlimmsten Fall der Großteil nach einer Stunde ausschaltet.

Beim bevorstehenden dritten Teil sollte daher unbedingt am zeitlichen Einsatz der Action geschraubt werden um die wahre Bombe erst im Finale zu zünden. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr freue ich mich auf Extraction 3 wenn auch die hier unübertreffbar zu scheinenden Actionszene mit großer Sicherheit nochmal übertroffen wird. Auch wenn es 5 Jahre Planung bedarf. Ich bin bereit dafür.

Extraction 2 Poster

Regie: Sam Hargrave
Drehbuch: Joe Russo, Anthony Russo, Ande Parks
Darsteller: Chris Hemsworth, Golshifteh Faharani, Adam Bessa, Tornike Gogrichiani
Score Composer: Alex Belcher, Henry Jackman
Cinematographer:Greg Baldi
Altersfreigabe: 16
Lauflänge: 123 Minuten
Erscheinungsjahr: 2023
Budget: 70.000.000$

Die Bildrechte obliegen ©Netflix

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