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Unhinged

von Sean Theumer

Na auch schon mal die Hupe im Auto exzessiv penetriert weil der Vordermann die Ampelphase nicht wahrgenommen hat oder euch Tempo 75 innerorts nicht gereicht hat weil ihr unter Zeitdruck wart? Solltet ihr diese Frage mit Ja beantwortet haben und eure Familie lebt noch, solltet ihr euch glücklich schätzen, denn Rachel hat in Unhinged nicht das Glück. Eine Situation eskaliert, die mit drei einfachen Worten vergessen worden wäre: Entschuldigen sie bitte.

Als Rachel eines morgens unter Zeitdruck ihren Sohn in die Schule fahren muss, da sie verschlafen hat und ein Jobttermin auf der Agenda steht, begeht sie einen fatalen Fehler und hupt an einer grünen Ampel ihren Vordermann an, weil dieser zu lange wartet. Angekommen in einem Stau steht der Fahrer neben ihr und bittet sie um eine Entschuldigung. Ihr Stolz lässt sie diese Situation ignorieren, doch der Mann ist kein einfacher Verkehrsteilnehmer. Schon bald findet sich Rachel in einem Strudel aus Terror und Gewalt wieder.

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Dass mit dem Fleischberg namens Rüssel Crowe nicht gut Kirschen essen ist, wird direkt in der Eingangssequenz klar. Wütend sitzt in er nachts in seinem Auto und wartet vor einem Haus. Plötzlich marschiert er mit einem Hammer bewaffnet los, schlägt die beiden Bewohner tot und zündet das Haus an. Beweggründe erfahren wir nicht. Dafür entpuppt sich der Start von Unhinged aber als äußerst effektiv da innerhalb von zwei Minuten die Unberechenbarkeit des Antagonisten anschaulich dargestellt wird. Dass er eine tickende Zeitbombe ist, die bei jeder Kleinigkeit explodieren könnte.

Wir alle erinnern uns an Michael Douglas in Falling Down, der im Fast Food Restaurant entartet, weil er das Frühstücksmenü nicht mehr bekommt. Rüssel Crowe entartet in diesem Thriller eben weil ihm die Hupe nicht gefiel. Diese reißerische Ausgangssituation ist die Basis für knackige 80 Minuten. Im Vorspann gibt es Aufnahmen von klassischen Road Rage Videos, wie man sie auch auf YouTube findet. Menschen die in ihren Autos austicken und sogar Waffe ziehen vor Wut. Im Film wirkt dieses Opening allerdings ziellos, da kein Statement auf das aktuell toxische Amerika formuliert wird. Aber seis drum.

Unhinged funktioniert als schnörkellose Hatz immer dann richtig gut, wenn er sich voll und ganz auf seine Eskalation verlässt. Nachdem Rachel und ihr Sohn etwas verfolgt worden und die Situation angespannt ist kommt es an einer Tankstelle zu einer Begegnung bei der man als Zuschauer eigentlich in seinen Fernseher boxen will, weil sich die Hauptperson so dämlich benimmt. Aber ohne einen Anruf bei der Polizei gäbe es auch keinen Mord und Totschlag. Also ergreift Rachel die Flucht, ein Passant stellt sich dominant vor Crowes SUV, doch der heizt einfach los. Effektiv wurde Gewalt in letzter Zeit selten eingesetzt. Denn auch wenn der extrem explizite Einsatz gespart wird, schockt der Einsatz von Stichwaffen und Schlägen.

Gerade weil die Situation willkürlich ist, jeder Tote unnötig und das Chaos vermeidbar gewesen wäre. Und gäbe es nicht diesen forcierten Familienkitsch und das peinliche Ende mit einer Fortnite Taktik, sowieso die fehlende Sympathie gegenüber Rachel wäre Unhinged eine kleine Genreperle geworden. Weil er Tempo hat und dazu noch Verfolgungsjagden und Autounfälle auf die die Fast & Furios Reihe mittlerweile neidisch ist, weil sie praktischer Natur entspringen. Weil das Verständnis des Einsatzes von Gewalt ins Mark und Bein geht, gerade die Szene in den eigenen vier Wänden für einen deftigen WTF-Moment sorgt und auch das Finale mit leichtem Horroranhang spannend geraten ist. 

So ärgert ihr euch aber leider viel zu sehr über die Protagonistin und wie die Inszenierung sie charakterisiert. Statt Statement auf toxic masculinity ausgehend vom Mann aus dem anderen Auto, fällt die Schuld komplett auf sie, weil sie so gemein und arrogant war, was bisweilen auf bestimmte Zuschauer recht verstörend wirken. Alle die einen anspruchslosen Kick suchen, dürfen beherzt zugreifen.

Unhinged

Regie: Derrick Borte 
Drehbuch: Carl Ellsworth 
Darsteller: Russel Crowe, Caren Pistorius, Jimmi Simpson, Gabriel Bateman
Score Composer: David Buckley
Cinematographer: Brendan Galvin
Altersfreigabe: 16
Lauflänge: 90 Minuten
Erscheinungsjahr: 2020
Budget: 33.000.000$
Box-Office: 42.000.000$

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©LeoNine

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