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A Chinese Ghost Story

von Sean Theumer

A Chinese Ghost Story ist einer dieser Filme, die ich als Kind im DVD Zimmer meines Vaters und durch Erzählungen seinerseits immer mal wieder aufgeschnappt habe. Erst letztes Jahr erfolgte jedoch meine erste Sichtung. Und sowas hätte ich niemals erwartet. A Chinese Ghost Story ist ein wilder, wunderschöner und völlig ungebändigter Cocktail aus Romantik, Horror, Fantasy, Martial-Arts und purem Hongkong-Wahnsinn. Es ist ein Film, der sich jeder Schublade verweigert, weil er sie lieber alle gleichzeitig aufreißt. Und genau das macht ihn so unvergesslich.

Die Geschichte selbst ist einfach erzählt, fast märchenhaft: Ein naiver Steuereintreiber namens Ning Choi-san kommt in ein verfallenes Kloster, wo er auf die schöne Nie Xiaoqian trifft – eine Frau, die sich als Geist entpuppt, gebunden an eine Dämonin, die sich von der Lebensenergie ahnungsloser Männer ernährt. Was als romantische Begegnung beginnt, wird schnell zu einem Kampf gegen Geister, Dämonen und das Schicksal selbst. Doch A Chinese Ghost Story interessiert sich weniger für Logik als für Emotion – und für die visuelle und musikalische Ekstase, mit der diese Emotionen erzählt werden.

Was diesen Film so besonders macht, ist seine völlige Hingabe an das Kino als Fantasieform. Jede Szene ist bis an den Rand gefüllt mit Bewegung, Farbe, Licht und Klang. Nebel wabert durch die Bäume, Wind lässt Gewänder flattern, und Schwerter schlitzen durch Geister wie durch Rauch. Es ist ein Film, der sich anfühlt wie ein Traum – manchmal romantisch, manchmal komisch, manchmal furchteinflößend, immer überbordend lebendig. Ching Siu-tung inszeniert mit der Energie eines Regisseurs, der keine Sekunde vergeuden will. Selbst in den ruhigen Momenten liegt ein rhythmisches Pulsieren, ein Gefühl von Zauber, das nie abreißt. Die Effekte, die teils handgemacht, teils optisch getrickst sind, altern erstaunlich gut, weil sie aus reiner Kreativität geboren wurden. Hier wird mit Puppen, Drähten, Windmaschinen und Rauch gearbeitet – alles greifbar, alles voller Leben. Das Ergebnis ist ein Stil, der gleichermaßen naiv und poetisch ist.

Doch A Chinese Ghost Story ist mehr als nur ein visuelles Spektakel. Es ist ein Film über Vergänglichkeit, über Liebe, die über den Tod hinausgeht, über Menschen, die das Übernatürliche nicht bekämpfen, sondern verstehen wollen. Zwischen all dem Klamauk, den Geisterkämpfen und Dämonenfratzen steckt eine aufrichtige Melancholie, die dem Film Tiefe verleiht. Dazu kommt ein Soundtrack, der alles noch größer macht: melodramatisch, kitschig, wunderschön. Das berühmte Titellied – gesungen von Leslie Cheung selbst – ist eine Hymne auf den Schmerz und die Schönheit der unmöglichen Liebe.

A Chinese Ghost Story ist ein Film, der alles will – und fast alles bekommt. Ein Märchen voller Liebe und Tod, Humor und Schrecken, Pathos und Poesie. Er ist übertrieben, chaotisch und unendlich stilvoll – ein wahrer Klassiker des Hongkong-Kinos, der zeigt, dass Fantasie manchmal keine Grenzen braucht um vollkommen zu sein.

Die Bildrechte obliegen ©e-m-s

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