Bereits seit dem Jahr 1922 durch Friedrich Wilhelm Murnau ist der Vampir gern gesehen im Horrorgenre, welcher nicht nur durch Belo Lugosi einen Kultstatus erfuhr, sondern gerade durch die Hammerfilme sich zu einer regelrechten Ikone entwickelte. Seit je her gab es etliche Variationen des Monsters und etliche Abwandlungen von Bram Stokers Roman. Sei es, wie bereits erwähnt, im Stil von Terence Fisher, bildgewaltig als opulente Verfilmung von Francis Ford Coppola oder eben auch als trashige dreidimensionale Schandtat von Dario Argento. Doch auch abweichend vom Roman gab es verschiedene Interpretationen.
Dracula 2000 mit Gerard Butler sollte zum Millennium eine frische sexualisierte Version des Blutsaugers bieten doch scheiterte dabei gnadenlos. Das sind nur einige Beispiele die die Vielfalt aufzeigen sollen, doch frischen Wind gab es leider recht selten. Das Potenzial ist jedoch locker da. Im Jahr 2013 erschien Afflicted. Ein Low Budget Film der von zwei jungen Leuten gemacht wurde, während einer Europa-Reise, die gleichzeitig Regie führen, das Drehbuch geschrieben haben und die Hauptrollen spielen. Afflicted bildet da also ein richtiges Herzblut-Projekt, welches mit bedingten Mitteln wirklich jede Menge herausholt und frischen Wind in das Vampir-Genre bringt.
Die beiden Freunde Derek und Clif genießen die Auszeit in Europa und verbringen Zeit in Italien. Der Urlaub nimmt jedoch eine merkwürdige Wendung als Derek nach einer wilden Nacht mit einer Frau mit Bisswunden aufwacht. Die Geschichte ist nicht sonderlich innovativ, aber wie sicher das Regieduo hier mit verschiedenen Versatzstücken des Horrorgenres umgeht ist so stilsicher, wie es einst Sam Raimi mit seinem Debüt Tanz der Teufel geschafft hat.
Realisiert wurde Afflicted mit gerade einmal 318.000$. Ein Budget, das nicht mal den Bruchteil von kostengünstigen Blumhouse Produktionen abdeckt. Was zu Beginn noch abschreckend wirkt, entfaltet sich aber als ein absolutes Unikat. Afflicted ist ein bockstarker Horrorfilm, der sich in Body-Horror genau so saftig suhlt, wie im pulstreibenden Found Footage Horror. Selbst Anleihen zum Actionfilm sind spürbar. Scheinbar schwerelos schwebt die Kamera durch Räume, verfolgt den Protagonisten auf seiner Flucht und wird vollendet mit einer intensiven Stuntarbeit.
Doch nicht nur als Showcase für motivierte Indiefilmer eignet sich Afflicted. Auch als reinrassiger Horrorfilm taugt er allemal. Sei es in anziehenden Spannungsszenen, äußerst wirkungsvollen Jump-Scares oder deftigem Body Horror. Ich könnte jetzt weiterhin in repetitiven Phrasen ausarten und nichts sagen. Ich lasse es und verweise auf die Bluray Veröffentlichung die es von Sony Pictures bereits vor 6 Jahren gegeben hat. Selbst Verachter des Found Footage Genres sollten ihre Barrieren über Bord werfen um diesen Rausch zu sehen.
Empfehlenswert für Halloween weil: Afflicted stilsicher Body Horror, Action und Thriller mischt, dem Vampirismus auf neue Weise begegnet und mit einem satten Sounddesign und tollem Soundtrack von Unalaska punkten kann. Enthusiasten des kinetischen Actionfilms kommen genau so gut auf ihre Kosten wie Jump-Scare Fans oder Liebhaber der Fliege von Cronenberg. Schade, dass man von den beiden Filmemacher seitdem nichts mehr gehört hat.
Regie: Derek Lee, Clif Prowse
Drehbuch: Derek Lee, Clif Prowse
Darsteller: Derek Lee, Clif Prowse, Edo van Breemen, Baya Rehaz
Score Composer: Unalaska
Cinematographer: Norm Li
Altersfreigabe: 16
Lauflänge: 85 Minuten
Budget: 318.000$
Box-Office: 121.000$
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Sony Pictures