Ausgzeichnet mit dem Jurypreis der Filmfestspiele in Cannes und mein absoluter Lieblingsfilm des Jahres 2016; American Honey ist etwas Einzigartiges und angesichts der aktuellen Oscarnominierungen lässt sich nur eine Schlussfolgerung ziehen: American Honey ist viel zu gut für diesen glattgebügelten Bait-Preis.
Der Beengung des sozialen Umfeldes entfliehen, weg vom Mülltonnenplündern, häuslicher Misshandlung durch eine Gruppe Jugendliche, die Zeitungen verkaufen und doch ihr Leben leben ohne familiäre Verpflichtung. Eine Gruppe mit der Star das Leben kennenlernt, eine Gruppe die wir durch eine unsichtbare dritte Person in Form der naturlichtgetränkten Bilder wahrnehmen und selbst Teil dieser werden. American Honey ist ein Reise voller individueller Charaktere die Zeit bekommen, sich zu entwickeln. Die Selbstfindung und Lebenserhaltung als intimer Prozess. Das Donnern vulgärer Rap-Songs oder Country während man auf dem Autodach die Straßen von Kansas unsicher macht. Metaphern und Gegenüberstellung von Wohlstand und Armut die man in seiner geldtreibenden Prozedur wahrnimmt. Liebe und Leidenschaft als sinnliches Porträt des menschlichen Triebes, Lebensverdienst durch das Ausnutzen der Triebe anderer. Es ist ein Kunstwerk dass man am eigenen Leib erfährt, eine Entwicklung die man selbst durchlebt. Eine Entwicklung wie eine Raupe die im Mondlicht zum Schmetterling wird, während die Augen nach vorne auf die Zukunft gerichtet sind.
Mit American Honey gelingt Regisseurin Andrea Arnold etwas hypnotisches und einzigartiges. Ihr überragendes Werk transportiert viel mehr ein Lebensgefühl, als dass es sich nach einem Film anfühlt. Angeführt von einem jungen Ensemble, das großteils aus Straßenentdeckungen der Regisseurin besteht, findet American Honey schnell einen eigenen Puls und droht zwischenzeitig fast schon an Bluthochdruck zu leiden, während sich 163 Minuten wie ein Schnipsen mit dem Finger anfühlt. Am Ende möchte man selbst aus dem Alltag entfliehen, sich einer Gruppe mit frischem Blut anschließen und ohne große Zukunftsängste (oder eben mit dem Vorteil keine Zeit zu haben um darüber nachzudenken) in die unbekannten Ecken des Landes zu reisen, überragende Gebäude zu sehen, die man in seiner verblümten Dorfromantik mit krachenden Windmühlen und stillen Bächen gleichsetzte und, wer weiß, vielleicht entdeckt man die Liebe seines Lebens. Ich habe eine große Liebe meines Lebens in diesem Film gefunden. Andrea Arnold ist ein pulsierendes Road-Movie gelungen, ein echtes Lebensgefühl, ein Drang der Freiheit. Auch wenn die Überlange vielleicht abschreckt, wenn nach knapp 10 Minuten zum ersten Mal „We found Love“ gespielt wird und die Gruppe beginnt enthemmt zu tanzen und das Leben zu genießen, ist das nur einer von vielen magischen Momenten, die noch auf euch warten.