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Annabelle 3

von Sean Theumer

Das Conjuring-Universum hat inzwischen so viele Ableger, dass selbst eingefleischte Horrorfans manchmal den Überblick verlieren. Doch mittendrin sticht ein Film heraus, der verstanden hat, wie man altmodischen Spuk in zeitgemäßes Unterhaltungskino verwandelt: Annabelle 3. Während viele der Spin-offs schwanken zwischen lahmer Mythologieerweiterung und zu bemühtem Ernst, liefert ausgerechnet Drehbuchautor Gary Daubermann auf dem Regiestuhl das, was man sich von einer Geisterbahnfahrt erhofft – Tempo, Abwechslung und wirklich gelungene Jumpscares.

Die erste halbe Stunde wirkt noch fast wie eine Warm-up-Runde, in der die Atmosphäre aufgebaut wird. Dunkle Flure, das bekannte unheimliche Gläserklirren und jene Spannung, die man aus den anderen Conjuring-Filmen kennt, bereiten den Boden. Immer wieder werden nach bekanntem Muster Szenen angeküdigt, doch nie kommt der Knall. Für viele Fans des Franchises war das sehr ernüchternd schon damals im Kino, doch dann, etwa nach 50 Minuten, kippt der Film bewusst in eine Art Jahrmarkt. Mit diabolischer Freude werden die Schocks angekündigt, nur um dann noch eine Schippe draufzulegen. Wo The Nun, Conjuring 2 oder The Curse of La LLorona den Jumpscare wie ein Pflichtprogramm abspulen, nutzt Annabelle 3 das Prinzip fast wie ein orchestriertes Vergnügen: Die Angst wird aufgezogen, die Erwartung geschürt, und im richtigen Moment kommt der Schlag ins Dunkel und bevor man diesen verdaut hat befindet man sich bereits im nächsten Schreckensszenario.

Das Besondere daran ist die Fülle an Antagonisten. Während die Vorgänger sich oft auf eine zentrale Bedrohung konzentrierten, wimmelt es hier plötzlich von Geistern, Dämonen und verfluchten Objekten. Jeder neue Gegner bringt eigene Dynamiken und Schreckmomente mit sich, wo es verwundert, dass der Fährmann oder die Braut kein eigenes Spinoff bekommen haben. Das ist nicht subtil, aber enorm effektiv. Vor allem das Spiel mit unterschiedlichen Horrorfiguren hält das Geschehen frisch und sorgt dafür, dass Langeweile keine Chance hat. Statt einer einzigen diabolischen Puppe entfaltet sich ein wahres Spuk-Potpourri, das für eine Übernachtungsparty geradezu perfekt funktioniert.

Natürlich darf man keinen tiefgründigen Psychohorror oder visionäre Filmkunst erwarten. Aber das will Annabelle 3 auch gar nicht sein. Stattdessen setzt er konsequent auf den Unterhaltungswert und liefert ab. Gerade im Vergleich zu manchen anderen Einträgen des Conjuring-Universums, die oft schwerfällig an ihrer eigenen Mythologie hängenbleiben, ist diese Leichtigkeit eine Wohltat. Noch deutlicher wird die Stärke von Annabelle 3, wenn man ihn mit dem aktuell im Kino laufenden Conjuring: Das letzte Kapitel vergleicht. Dieser Film markiert nicht nur den Tiefpunkt des Franchises, sondern auch einen der schwächsten Momente des modernen Horrorkinos überhaupt.

Empfehlenswert für Halloween weil: Annabelle 3  den sozialen Aspekt des Horrorsehens versteht. Es geht nicht nur um Schockeffekte, sondern auch um den gemeinsamen Spaß am Erschrecken. Wer den Film in größerer Runde schaut erlebt, wie Schreie, Gelächter und erleichterte Seufzer sich abwechseln. Genau dieses Vergnügen, das man von einer guten Geisterbahn erwartet, transportiert der Film in die heimischen Wohnzimmer. Die Eintagsfliege im Conjuringverse.

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Warner Bros. Pictures Germany

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