Die geläufige Unterscheidung von „Hard- und Soft-Scifi“ löst sich langsam auf und scheint obsolet zu werden. Sie macht einfach keinen Sinn mehr. Im ernstzunehmenden Science-Fiction-Kino gibt es keine Forscherschablonen mehr, die Zusammenhänge offenlegen, um oberflächlichen Thrillern Sinn zu verleihen, auch gibt es keine puren Weltraumgedichte mehr. Die Regisseure unserer Zeit vereinen das Beste beider Welten. Das Hauptwerk dieser Erscheinung ist selbstverständlich Nolans “Interstellar“. Diese Tage erscheint mit „The Arrival“ ein weiterer Film aus diesem Milieu. Die meisten dürften ihn vor allem gespannt als neuesten Film von Denis Villeneuve erwarten; ein kunstvoller Mystery-Thriller nach Art des Franko-Kanadiers ist „Arrival“ aber nur bedingt.
Die Erde und ihre Bevölkerung wird sich ihrer Nicht-Singularität bewusst; zwölf riesige schwarze Raumschiffe verteilen sich scheinbar willkürlich an verschiedenen Orten weltweit. Ihre Absichten sind unklar. Langsam geben sich zaghafte Kommunikationsversuche. Dr. Louise Banks (Amy Adams), eine renommierte Linguistin, wird vom US-Militär beauftragt, die Schriftsprache der Außerirdischen zu entschlüsseln. Forscher aus aller Welt arbeiten zusammen, nebenbei werden auch die Stimmen laut, einen Präventivschlag auszuführen, um die Menschheit zu schützen…
„Arrival“ ist ein geisterhafter Film. Das fängt früh an, als die Nachricht der „Ankunft“ zu Louise durchdringt. Menschenmassen verlassen die Uni, nicht panisch, aber doch sehr bestimmt; dieser Anfang hat etwas Existenzielles – das unerwartete Realisieren eines Faktums, wir sind nicht allein, und die darauf folgende Leere. Jetzt ist es soweit. Damit ist es (zu) bald wieder vorbei. Villeneuve lässt uns durch Flashbacks, die Louise‘ mütterliche Vergangenheit bruchstückhaft erahnen und deutet größere Zusammenhänge an. Die kühlen Bilder – „Arrival“ ist ein Film ohne Folien – und der kongeniale Soundtrack, der die Kommunikationsweise der Außerirdischen spiegelt, lassen einem kalten Schauder entwickeln.
Das hält Villeneuve größtenteils durch, gerade im Mittelteil schöpft er den letzten Rest aus der beschränkten Welt des Films: Er besteht hauptsächlich aus dem langwierigen Entschlüsseln der kreisförmigen Alien-Symbole und der langsamen Annäherung von Louise und ihrem Kollegen, Mathematiker Ian (Jeremy Renner). Einmal mehr sind es Wissenschaftler, die im Zentrum einer philosophischen Reise stehen. Gewiss ist dieser zweite Akt obsolet. Eine Drehbuchstraffung hätte gutgetan, die Kontaktaufnahmen sind zwar astrein inszeniert, hindern aber doch den Progress des Films.
Die letzten Minuten entschädigen aber für alles, als „Arrival“ die Längen überwindet und den großen Bogen schlägt, die anrührende Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung und elterlicher Liebe, die Raum und Zeit überschreitet, verbindet sich mit semiotischer Erkenntnisgewinnung zu einer gesamtmenschlichen Dimension. Das Menschliche im Großen wie im Kleinen – hier sind die Parallelen zu „Interstellar“ überdeutlich.
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