Hitchcock und das perfekte Verbrechen. Wie ein roter Faden zieht sich jene Thematik durch die Filmographie des Regisseurs, die manchmal explizit ihren Platz in der Handlung findet (Cocktail für eine Leiche, Der fremde im Zug), manchmal auch nur Mittel zum Zweck ist (Vertigo, Frenzy). Im Falle von Bei Anruf Mord ist sie wiederholt Hauptprogramm.
Basierend auf dem gleichnamigen Broadway-Stück wird die Geschichte eines rachsüchtigen Ehemannes erzählt, der seine fremdgehende Frau ermorden lassen möchte. Während die gesamte Handlung in der Wohnung des Ehepaares spielt, entfaltet sich der Plot nicht nur langsam in seiner Detailverliebtheit, sondern dreht sich auch mehrfach um sich selbst. Dabei kommt Bei Anruf Mord im Bezug auf Cocktail für eine Leiche deutlich besser weg als sein drei Jahre älteres Vorwerk Der Fremde im Zug. Alle drei thematisieren den perfekten Mord, doch philosophiert Bei Anruf Mord nur ein Mal im Ansatz darüber. Vielmehr interessiert er sich für das „Wie“, statt für das „Ob“, und vermeidet damit qualitätsmangelnde Kopien zum Cocktail, wie es sein Vorgänger 1951 tat.
Den Drang zur 3D-Technik sieht man dem Film zum Glück nicht allzu billig an, wie es z.B. bei Und wieder ist Freitag der 13. ist. Vielmehr nutzt Hitchcock die Bedingungen des Studios für stilistische und leicht humoristische Mittel ein. Gemeint ist damit vor allem der Shot mit dem Ehemann und seinem Auftragsmörder während eines intensiven Gespräches, zwischen denen geradezu penetrant eine Tischlampe im Vordergrund platziert ist. Darüber hinaus ist die gesamte, besagte Szene, welche beinahe 20 Minuten dauert, eine der Sternstunden des Master of Suspense. Hier verschmelzen sich geradezu vollkommen die Künste des Drehbuches und der Regie mit einem perfekten, entschleunigtem Timing.
Hitchcock spielt, wie so oft, mit einer scheinbaren Leichtigkeit mit dem Wenden seines Plots und lässt den Zuschauer wiederholt in den Glauben die Folgehandlung durchschaut zu haben, nur um ihm einen Moment später eines Besseren zu belehren. Zum hochwertigsten Unterhaltungskino zählt der Thriller trotz alledem nicht. Denn auch wenn er nie an Spannung verliert, ist man ihr trotzdem nicht komplett ausgesetzt. Gleichermaßen macht sich Hitchcocks Haltung gegenüber des Filmes bemerkbar, den er eine „belanglose Gelegenheitsarbeit“ nannte. Die Macht des Kammerspiels unterschätzt der Regisseur dennoch zum Glück auch hier nicht, denn der Raum entfaltet sich eindrucksvoller als gedacht.
Auch wenn Bei Anruf Mord nicht zu den größten Werken des Regisseurs zählen, gehört er sicherlich auch nicht zu den schlechteren. Seine erste und letzte 3D-Produktion ist vielmehr gelungenes Unterhaltungskino, das sich mit wenig Tiefe einer anspruchsvollen Regie bedient und die messerscharfen Dialoge zu einem kurzweiligen Thriller formt.
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