Ich habe die jüngeren Produkte der Schmiede Marvel bisher um meiner selbst willen zu ignorieren versucht; das ist mir letztes Jahr auch recht gut gelungen. Doch schon zu Beginn des jungen Jahres war es wieder soweit und mein Vorsatz damit dahin. Immerhin gelang es mir noch, die im Vorfeld besonders in den USA rege geführte Debatte um den Film und seinen Zusammenhang mit der unsäglichen Frage der Repräsentation von Minderheiten im Kino zu vermeiden. Am Rande aufgeschnappte Sätze („Black Panther is the Hamlet of superhero movies“) reichten mir da schon. Also mal wieder ab in den prall gefüllten Kinosaal zur Pressevorführung, reich bestück mit den üblichen Popkultur-Claqueuren und -Empfehlern.
Und als ich diesen Saal nach zwei Stunden und fünfzehn Minuten wieder verließ, kam mir sogleich eine Stelle aus „Mad Men“ in den Sinn, jene, in der sich die hohen Tiere aus Don Drapers Werbeagentur – gewohnt zynisch – über die Rolle der Schwarzen in Amerika als eine der größten zukünftig zu erschließenden Konsumentengruppen unterhalten. Eine ähnliche Unterredung muss sich unter den Marvel Executives abgespielt haben – fragt sich nur, wie es ihnen diesmal nicht nur gelungen ist, einmal mehr ein filmisch erneut größtenteils stumpfsinniges Fabrikat unter Hypebildung an den Mann zu bringen, sondern Black Panther noch zusätzlich als „Empowerment“ zu verkaufen, handelt es sich bei ihm doch um einen zumindest bedenklichen Beitrag zur ohnehin furchtbar langweiligen und jeden menschlichen Intellekt beleidigenden „identity politics“-Debatte.
Über den Film selbst lassen sich lediglich die gleichen hier schon öfters heruntergespulten Phrasen dreschen – Schablonenfilme erzeugen ebensolche Kritiken. Da ist wieder der unerträgliche sogenannte „Humor“, sich erneut in jenen so misslungenen, infantil-trockenen Pointen am Ende einer Szene äußernd; die völlig kalt lassende Action; die alles überstrahlende Belanglosigkeit. Nur ab und an durchbrechen einige interessante Einschübe die übliche Marvel-Seherfahrung: Einige – absichtlich oder nicht – recht kinetische Shots, Lichtstimmungen (v. a. in Szenen, die im „Reich der Ahnen“ spielen“) und die Darstellung der politischen Mechanismen in der Monarchie Wakanda, die eine Lesart des Films als metapolitische Verhandlung des Souveränitätskonzepts möglich macht. Abseits dessen sind es vor allem zwei Dinge, die Black Panther von einem lediglich ästhetisch – erneut – gescheiterten Superheldenfilm zu einem filmischen Ärgernis werden lassen.
Zum einen setzt Hollywood mit Black Panther den (sicher lukrativen, aber doch perfiden) Trend fort, junge, vielversprechende Regisseure aus dem Indie-Bereich zu rekrutieren und als Handwerker in die eigene Serial-Manufaktur zu inkorporieren; diesmal hat es Ryan Coogler („Fruitvale Station“) erwischt. Nach dem jetzt schon recht sicher vorhersagbaren Erfolg von Black Panter dürften von ihm für längere Zeit keine interessanten Filme zu erwarten sein. Ein Trauerspiel. Zum anderen ist es mir unbegreiflich, warum Black Panther von vielen, besonders von jenen kunstfeindlichen, auf korrekte „race and gender (re)presentation“ pochenden Linken in den USA, als erster echter „schwarzer“ Blockbuster angesehen wird. Dass der Film dieses Prädikat nur erhält, weil die meisten Hauptrollen mit afroamerikanischen Schauspielern besetzt sind, zeigt erneut die Fixierung dieser angesprochenen Gruppe auf äußere „Rasse“-Merkmale und offenbart somit ihre eigene Rassismusneurose und kulturelle Stumpfsinnigkeit. Denn die Darstellung afrikanischer Kultur in Black Panther ist beinah cartoonesk überzeichnet, ein einziges Pop-Afrika-Pastiche, das letztlich doch auf alte Klischees rekurriert. Insofern ist Black Panther vielleicht doch ein nützlicher Film – denn er entlarvt bei näherem Hinsehen die hysterisierende Doppelmoral und intellektuelle Bodenlosigkeit vieler Debatten in der zeitgenössischen Filmrezeption.
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1 comment
Natürlich finde ich auch, dass man den Film nicht nur auf „endlich ein schwarzer Marvelheld-Film“, d.h. einen reinen Fokus auf die Hautfarbe der Schauspieler legen sollten. Und ja, der Hype ist übertrieben. Ich glaube auch, dass es bei diesem Hype weniger um den Film und mehr um Repräsentation geht. Schwarze Darsteller werden von Castingdirektoren gerne als der lustige Sidekick gecastet, der vom bösen Monster als erster gefressen wird. Da kann man es dem afro-amerikanischen und afrikanischem Kinopublikum nicht verübeln, dass sie sich darüber freuen, dass der schwarze Superheld nicht nur hübsch durch die Luft wirbelt, sondern auch das Filmende überlebt.
Hier meine Kritik: http://adoringaudience.de/black-panther-omu-2018/