Clint Eastwood-Retrospektive #23
Nach einigen Meisterwerken könnte man meinen, dass sich Clint Eastwood noch einmal in der Zeit zurückgesetzt fühlen wollte. Ein rauer und vom Leben gezeichneter Polizist, der alles daran setzt einen Fall zu lösen. Das kennen wir von Eastwood natürlich viel zu gut, doch kam mit seinem Alter auch eine reifere filmische Entwicklung. Um es direkt vorweg zu sagen: Blood Work kommt bei weitem nicht an Erbarmungslos, A Perfect World oder Mitternacht im Garten von Gut und Böse heran, doch inszeniert er weitaus erträglicher als in seinen alten chauvinistischen Werken und auch das Thrillergenre beherrscht mittlerweile souverän.
Als bei dem alten FBI-Ermittler Terry McCaleb bei der Verfolgungsjagd eines Serienkillers plötzlich das Herz aussetzt, rettet ihm eine Organtransplantation das Leben. Doch sein Ersatzherz kam von einer Frau die am gleichen Tag der OP kaltblütig ermordet wurde. Angekommen an seinem Hausbot konsultiert ihn die Schwester des Opfers und bittet ihn diesen Mord aufzuklären. Doch dabei ergibt sich ein Zusammenhang zwischen Terry, dem Opfer und einen längst vergessenen Gegner. Mehr sollte man dabei zur Geschichte von Blood Work nicht sagen, denn auch wenn vieles vom gängigen Reißbrett kommt, bietet die Inszenierung einige nette Twists, die wirklich Spaß machen.
Eastwood mimt den kaltschnäuzigen Ermittler wie immer im Autopilot, doch interessiert sich Blood Work auch gleichzeitig für seinen Charakter. Im Krankenhaus hinterfragt wieso ein Kinderpatient kein Spenderherz bekommen hat, obwohl er doppelt so lange wartet und prozentual weitaus schlimmere Prognosen für seine Lebensdauer hat, in der Nacht plagen ihn Albträume und am Tage ist er unfähig abzuschalten. Die Vergangenheit verfolgt ihn noch immer, er ist im Beruf verankert als hätte er gerade die Polizeischule erfolgreich absolviert und sein letzter Auftrag reitet ihn direkt in die Zeiten hinein, die er eigentlich vergessen sollte. Oberflächlich scheint sich das nicht von den üblichen Rollenbildern abzugrenzen, doch Blood Work ist anders. Hatte Eastwood bei Firefox noch große Probleme für anständige Spannung zu sorgen, sorgt er hier für düsteren und äußerst unangenehmen Thrill. Die Bilder sind knallhart, doch setzt er sie nicht für den Zweck der drastischen Bilder ein.
Diese Bilder sind Teil der bitteren Geschichte, die aufrüttelt und mit immer neuen Wendungen daherkommt. Wie bereits erwähnt, schafft es Eastwood auch hier nicht, gängige Klischees und alten Angewohnheiten zu umgehen. Die toughe Chef-Ermittlerin, die ungläubigen Polizeipartner, die junge Frau die dem alten Mann verfällt. Hier muss man defintiv Abzüge in der B-Note geben, die Blood Work jedoch im tollen Finale direkt wieder vertuscht! Hier blitzen erneut die Thrillerlichtblicke und die Spannung auf, die wie bereits im Anti-Western 1992 sahen. Es ist der konsequente und intensive Abschluss eines finsteren Thrillers, der sicher niemals A-Liga war, doch für sein Genre eine äußerst angenehme Erscheinung. Ja, Clint Eastwood hat intensivere Filme gemacht, Ja, Clint Eastwood hat bessere Filme gemacht, doch mit Blood Work haben wir erneut einen guten Beweis für das souveräne Handwerk dieses faszinierenden Regisseurs und Darstellers gefunden!
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