Nach dem Überlebensdrama „Unbroken“, u. a. mitverfasst von den Coen-Brüdern, legte Angelina Jolie letztes Jahr mit „By the Sea“ ihre insgesamt vierte Regiearbeit vor. Vermutlich war ihr der Vorgänger rückblickend betrachtet ebenfalls mit zu viel Pathos aufgeladen, ist dieser neueste Streich doch als leises Ehedrama konzipiert, das leider allzu sehr den Anschein der gewollten, gekünstelt wirkenden Selbstverwirklichung trägt, was „By the Sea“ äußerst prätentiös und belanglos wirken lässt.
Der amerikanische Autor – oder wohl eher eine unscharfe Projektion davon – Roland (Brad Pitt), der gerade in einer Schaffenskrise steckt, zieht mit seiner Frau Vanessa (Angelina Jolie), einer ehemaligen Tänzerin, in ein Hotelzimmer an einem französischen Küstendorf in den 70er Jahren, um an einem neuen Roman zu arbeiten. Während des Aufenthalts freundet sich Roland mit dem Besitzer einer Bar an, unterhält sich lange und oft mit ihm, sucht nach Inspiration, Vanessa bleibt die meiste Zeit im Hotelzimmer und gibt sich dem Alkohol, den Tabletten und Neurosen hin. Die beiden entfernen sich immer weiter voneinander. Vorwürfe fallen, man spricht von einer besseren Vergangenheit, und als dann auch noch das frisch verheiratete Paar von nebenan auf den Plan tritt, wird die Ehe endgültig auf die Probe gestellt.
Es ist ein seltsamer Film, denn um eine Handlung, eher eine Aneinanderreihung von repetitiven Nichtigkeiten, werden viele Details und Einzelheiten, die sich jedoch meistens als völlig irrelevant herausstellen, angeordnet, die man zu entziffern versucht – man läuft aber ob der Bedeutungslosigkeit ins Leere. „By the Sea“ ist eigentlich nichts anderes als ein Abklatsch von Jean-Luc Godards Meisterwerk „Die Verachtung“; das Szenario ähnelt sich, Jolie und ihr Kameramann Christian Berger – bekannt durch diverse Filme von Michael Haneke – versuchen merklich, an dessen Ikonografie anzuknüpfen.
Ist „Die Verachtung“, wie auch die großen Filme Antonionis, in seinem Reduktionismus auf beinahe mystische Weise melancholisch und vielsagend, radikal in seinem Vielleicht-Sagen, ist „By the Sea“ der eher klägliche, wenn auch an manchen Stellen ambitionierte, Versuch einer unnötigen Psychologisierung einer Ehekrise, bei der der von Jolie selbst verkörperte Charakter zu einer nervigen Person mit dunkel bleibendem Hintergrund wird. Das wäre nicht wirklich schlimm, wenn nicht ständig der halbherzige Ansatz aufscheinen würde, Tiefe zu kreieren.
Es bleibt beim Versuch. Manchmal, wenn der Abend hereinbricht, das Meer dunkelblau wird, sieht man über die Monotonie hinweg, aber eben nur manchmal, sonst wirken die Bilder des Films wie eine Inneneinrichtungs-Fotostrecke in einem Frauenmagazin, in der Pitt und Jolie, das Vorzeige-Promipaar schlechthin, eine mittelmäßig dramatische Paartherapie durchstehen dürfen. Das hätte etwas werden können. Aber manche Schauspieler sind eben für den Regieposten nicht gemacht.
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