Gaspar Noe, das Enfant Terrible hat wieder zugeschlagen und bringt uns Step Up in seiner Version auf die Leinwand. Robin und ich haben uns Climax bereits auf dem Fantasy Filmfest und dem Internationalen Filmfest Braunschweig angesehen und unsere Gedanken danach bei einem kühlen Glas Sangria ausgetauscht. Und wir wollten statt einem großen Text lieber unsere Kurzmeinungen präsentieren, die im Kern die gleiche Aussage haben.
Komplettes Schleudertrauma. Noe lädt ein zum Tanz in die Abwärtsspirale. Mit pumpenden Electrotracks, endlosen Tanzssequenzen, Parallelmontagen und kopfstehender Kamera werden hier nicht nur die Körper innerhalb des Filmes zerstört. Man sollte díe ersten zehn Minuten daher nochmal zum akklimatisieren nutzen, um seine Sinne und sein Gehör auf die folgenden 80 Minuten einzustimmen. Climax ist zugleich radikales Erlebnis und filmischer Rauschzustand. Ohrenbetäubender Lärm, tranceverursachende rot- und grünstichige Bilder vermengen sich zur destruktiven Polka wenn profillose Menschen beginnen sich zu zerfleischen. Terror in Reinform destilliert in wilden Tanzeinlagen und ausufernden Verhaltensmustern bis die Sicht in wahrsten Sinne auf Kopf steht und Körper und Mischpult nur noch als Fragment ihrer selbst zerstört auf dem Schlachtfeld liegen. Die Seherfahrung des Jahres mit einem unfassbaren Soundtrack.
Robin: Kein Film hat mehr Spaß bei der Bedeutungsvariation des Höhepunktes. Gasper Noe nimmt sich Zeit für seine Bloßstellung der gesamten Partyszene und zeigt uns all die stumpfen Konversationen, die zu den „besten Abenden des Lebens“ gehören sollen. Ummantelt sind jene Dialoge von hypnotischen Choreografien, die beim zunehmenden Alkohol und Rauschzustand des LSDs aggressiver werden, beinahe animalisch. Doch dort, wo der Höhepunkt des Abends ist, werden wir schließlich daran erinnert in einem Noe zu sitzen. Denn an diesem Punkt beginnt erst das wahre Gesicht und die Hinführung zum tatsächlichen Klimax: Zu dem von Noe selbst. Und dieser ist nicht nur erschütternd intensiv, sondern ebenso gnadenlos abrechnend. Somit schafft es wiedermal ein Teil seines Filmes den inneren Wünsch hervorzurufen, dass jenes Szenario abebben solle. Zu Gunsten jenes Wunsches tut er dies auch im Finale, um gleichermaßen Platz für finsteren Humor zu haben. Das mag die zerstörerische Wirkung etwas hemmen, doch bei weitem nicht die Aussagekräftigkeit seines zeitgenössischsten Filmes.
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