Gleich zwei Filme brachte Regisseur Tim Burton im Jahre 2005 in die Kinos. Eines davon war seine erste Regie-Erfahrung für einen Stop-Motion-Film, nachdem er zuletzt den Halloween-Weihnachtsklassiker Nightmare Before Christmas produziert hat, sowie sowie die Story und Figuren konzipierte. Die Rede ist von seiner Gothic-Hommage an die 1920er/30er: Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche, der zweite Film unserer Gothic-Woche.
Wie so oft lebt Tim Burton hier seine Faszination und Hingebung zu den Verachteten, Verstoßenen, Einsamen und Skurrilen aus. Diesmal handelt es sich um Victor Van Dort, der Sohn zweier Fischhändler. Er soll mit der adligen Victoria Everglot zwangsvermählt werden, um das ausgeschöpfte Erbe ihrer Familie auszupolstern. Doch beim Üben seines freiaufsagenden Eheversprechens stülpt er einem unheimlich aussehenden Ast den Ehering über, der sich als Hand von Emily herausstellt – die Leichenbraut. Sein Eheversprechen wird wirksam und er wird in die bunte Unterwelt gezogen, wo das Leben auf seine ganz eigene, untote Art gefeiert wird.
Ähnlich wie bei Nightmare Before Christmas lässt Burton die Welt der Lebenden auf die der Toten treffen – diesmal mit einem deutlichen visuellen Twist. Denn es ist die Welt der Toten, die dieses Mal in voller Blüte und grellen, bunten Lichtern strahlt. Untermalt ist das alles mit bezaubernden Musicaleinlagen, deren fantastische Kompositionen wiederholt aus den Federn von Danny Elfman stammen. Und trotz all der Heiterkeit und Farbvielfalt bestimmt ein gruftiger Grundton das Geschehen. Klare Referenzen scheinen dabei wiederholt Horror- und Gothic-Filme der Stummfilmära gewesen zu sein, sowie die klassischen Schwarzweiß-Horrorfilme aus den Dreizigerjahren. Es wäre jedoch nicht Tim Burton, wenn er all dem nicht die nötige Wärme geben würde.
Für erwachende Zuschauer und erfahrenes Horrorfilmpublikum bietet der Film nur bedingt neue Inhalte. Vielmehr versteht sich Corpse Bride als Einsteiger für ein sehr junges Publikum, das erste Erfahrungen mit der Stilisierung und Ästhetik altertümlicher Gothic-Geschichten machen. Und für eben jene ist dieser Film ein großartiges Fest. Dabei kann ich gleichermaßen aus persönlicher Sicht sprechen, denn kaum einen Film hatte ich als Kind mehr geliebt als Tim Burtons Leichenbraut-Geschichte. Aus heutiger (erwachsener) Sicht fällt besonders das zielgerichtete Erzähltempo und begeisternde Pointierung in jeglicher Hinsicht aus, sei es Design, Mimik der Figuren, Hunor oder Gruseleinlagen. Damit bildet Corpse Bride einen kurzweiligen, aber grandiosen Gothic-Spaß, der mit seiner griffigen Herzlichkeit und seinen schaurig-schönen Bildern ganz klar begeistern kann.
Empfehlenswert für Halloween, weil der Gothic-Stop-Motion eine wunderbare Hommage an die Horror-Stummfilme der 1910er/20er und die Gothic-Tonfilme der 30er ist. Das schnörkellose Erzähltempo, die wunderschönen Musik- und Bildkompositionen, sowie die herzliche Zeichnung der Charaktere und ihre Welten, in denen sie lieben, schaffen es das Kinder- und Erwachsenenpublikum gleichermaßen zu unterhalten.
Regie: Tim Burton, Mike Johnson
Drehbuch: John August, Pamela Pettler, Caroline Thompson
Produktion: Tim Burton, Allison Abbate
Darsteller: Johnny Depp, Helen Bonham Carter, Emily Watson, Richard E. Grant, Christopher Lee
Altersfreigabe: ab 6
Laufzeit: 76 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 2005
Budget: 40 Mio. USD
Box Office: 118,1 Mio. USD
Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Warner Bros.