Bereits im letzten Jahr haben wir auf den Independent Schocker Creep aufmerksam gemacht, der uns in seiner rohen Radikalität und beängstigenden Ruhe nachhaltig erschüttert hat. In diesem Jahr wurde bekannt gegeben, dass aus dieser Geschichte eine Trilogie gemacht wird. Nun wurde kurz vor Halloween endlich Creep 2 auf Netflix veröffentlicht und es ist erstaunlich in welche Richtung dieser Abschnitt der Geschichte geht. Daher direkt eine Warnung: Es wird explizit auf Teil 1 eingegangen!
Creep 2 ist eine der wenigen Fortsetzungen die es schaffen, besser als der Vorgänger zu sein und die Geschichte weiter zu erzählen ohne dabei zu versuchen, jede Eigenschaft zu übertrumpfen. Natürlich gibt es hier etwas mehr grafische Gewalt, dafür bewegt sich die Stimmung weg vom Horror hin zu einer bitterbösen und finsteren Charakterstudie. Eine bitterböse Charakterstudie braucht jedoch ein sehr gutes Drehbuch um die Stimmung einzufangen und damit kann Creep 2 richtig punkten.
Das Geheimnis aus Teil 1, nämlich dass Aaron ein Serienkiller ist, wird der Videojournalistin Sara direkt an den Kopf geworfen, außerdem zeigt er ihr das berüchtigte Endvideo von Teil 1. Die Karten liegen offen auf dem Tisch, was die Atmosphäre nur noch bedrückender gestaltet. In etlichen langen und toll geschriebenen Dialogen zeigt Aaron sein wahres Ich, indem er über das soziale Leben philosophiert oder seinen Ekel offen ausdrückt.
Doch fernab von dieser Brisanz schaffen es Patrick Brice und Mark Duplass erneut uns das Fürchten zu lehren. Duplass ist erneut so beängstigend diabolisch in seiner Rolle, gezielte Jump-Scares sind markerschütternd und ein Ende von rauer Konsequenz begleitet uns noch lange nachdem der Fernseher ausgeschaltet ist. Direkt die ersten 10 Minuten sind so beunruhigend wenn eine Kamera, versteckt in einem Wolfskostüm, bei Aarons Nachbarn Dave abgesetzt wird und Dave natürlich seinen Nachbarn um Hilfe bittet. Es benötigt exakt einen diabloischen Blick um böse Erinnerungen hervorzurufen.
Creep 2 baut das Fundament vom genialen Erstling noch weiter aus, serviert uns einen unterkühlten Horrorthriller mit einem vorzüglichen Skript und herausragenden Schauspielleistungen. Dass auch dieser Film polarisieren wird, ist so sicher wie der Erfolg des nächsten Horrorfilms aus der James Wan Schmiede. Doch gerade wer nur durch Dialoge und einigen Buh-Momenten dicke Gänsehaut bekommen möchte, kommt hier nicht vorbei. Auch Found Footage Hasser nicht!
Empfehlenswert für Halloween weil: Auch Creep 2 ist ein kleiner fieser Slowburner, der es gekonnt schafft, den Adrenalinspiegel aufrecht zu erhalten. Außerdem sorgt er dafür, dass wir jede Comedyleistung von Mark Duplass in einem zwiespältigen Licht sehen werden.
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