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Der goldene Handschuh

von Sean Theumer

Mit „Der goldene Handschuh“ verfilmt Fatih Akin das gleichnamige Buch von Heinz Strunk, welches sich wiederum mit dem Serienmörder Fritz Honka beschäftigte, der in den 70er Jahren in Hamburg mehrere Frauen ermordete. Und auch wenn der Trailer einen ganz anderen Eindruck vermittelte, entfachte der Film bei einigen US-amerikanischen Kritikern für regelrechte Kontroverse sorgte. Und da bricht Der goldene Handschuh tatsächlich eine Lanze, denn wann gab es in der letzten Zeit einen deutschen Kinofilm von einem bekannten Regisseur, der mit der höchsten Altersfreigabe gestartet ist?

Gewiss sind auch in dieser Adaption nicht alle Fakten komplett beruhend auf die wahren Begebenheiten, aber Akin ist ohnehin nicht an einer Rekonstruktion interessiert. Viel mehr gibt er sich als nüchterner Betrachter in seinem Zeitkolorit. Und da gilt es ordentlich Kudos für die Crew auszustellen: Die Atmosphäre die Der goldene Handschuh in sich trägt ist unglaublich gut. Requisiten, Wohnungen, Klamotten und Soundtrack ergeben den Eindruck Akin hätte seinen Serienkillerfilm direkt in den 70ern vervollständigt, Ohrwürmern inklusive.

Der goldene Handschuh Kritik

In einer der ersten Szene wird der Plattenspieler angeschmissen und „Es geht eine Träne auf Reisen“ von Adamo ertönt, während die korpulente Leiche einer Prostituierten zersägt wird. Als Stimmungsmacher funktioniert das vorzüglich, denn genau diesen Mood wird Der goldene Handschuh knapp zwei Stunde behalten. Der Zuschauer wird verkrachte Existenzen in ekelhaftem Milleu beim Leben beobachten. Und da bleibt der Regisseur, im Gegensatz zu seinem vorherigen Film „Aus dem Nichts“ neutral. Er will weder werten, noch kommentieren. Er versucht keine Sympathie zu erwecken, noch eindeutigen Hass.

Doch in heutigen Zeiten dauert es bis etwas den Zuschauer richtig schockiert. Und genau da blickt man bei Der goldene Handschuh nicht richtig durch. Wer sonst nur deutsche Komödien guckt wird mit einem Trauma den Fernseher ausschalten, wer großer Fan von Lars von Trier, Bruno Dumont und Gaspar Noe ist, wird sich verwundert die Augen wischen und hinterfragen ob da nicht noch mehr ging. Und in der Tat darf man diese Frage aufwerfen, schließlich passieren hier die grausamsten Sachen im Off der Kamera und werden nur akustisch zum Ausdruck gebracht. Aber plötzlich zeigt Akin doch wieder on Screen wie der Kopf einer besoffenen Frau mehrere Male mit voller Wucht auf eine Tischkante geschlagen wird.

Inwiefern das beabsichtigt ist bleibt offen. Fakt ist jedoch, dass dieser unangenehme Film noch weitaus unangenehmer hätte werden können! Für seinen existierenden Grat des Unwohlseins profitiert er von der überragenden und beängstigend guten Leistung von Jonas Dassler. Während andere Schauspieler sich nur hinter Maske und Make-Up verstecken, scheint Dassler hier eins mit seinem Charakter geworden zu sein. Was bleibt also übrig beim goldenen Handschuh? Gewiss ein unangenehmer Film mit brillanter Atmosphäre aber Abzügen in der B-Note. Um ein richtiges Meisterwerk zu werden fehlt der Mumm beim drücken des Abzugs. Aber das darf es gut und gerne öfter aus den deutschen Landen geben!

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Warner Bros.

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