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Die Farbe Lila

von Robin Längert

Steven Spielberg-Retrospektive #9

Nach zahlreichen Genrefilmen und Blockbustern wagt Steven Spielberg nach seinem zweiten Indiana Jones-Teil neue Wege. Mit Musiklegende Quincy Jones als Produzent verfilmt Spielberg den Briefroman Die Farbe Lila und sorgte für großes Aufsehen – positiv, wie auch negativ.

Die vierzehnjährige Celie ist bereits zum zweiten Mal von ihrem eigenen Vater schwanger. Und auch das zweite Kind verkauft der Vater unmittelbar nach der Geburt aufgrund von Geldnot. Ihre einzige emotionale Nähe hat Celie zu ihrer jüngeren Schwester Nettie. Doch mit ihr hat sie nicht allzu viel Zeit, denn noch im selben Alter wird sie mit dem dreifachen Vater und Witwer Albert liiert, der Celie als Hausfrau und Ersatzmutter für seine Kinder einsetzt. Jahre vergehen und Celie erleidet ein Leben ohne Liebe, bis die Begegnung mit der Bluessängerin Shug Avery ihr eine neue Perspektive und Hoffnung gibt.

Nach einer langjährigen Bühnenkarriere als Komikerin und Theaterschauspielerin gab Whoopi Goldberg in der Rolle der Celie ihr Leinwanddebüt. Ihr Auftritt wurde ein riesiger Erfolg und bescherte ihr einen Golden Globe, sowie eine Oscarnominierung. Unverständlicherweise bliebt ihr die begehrte Trophäe 1986 verwehrt. Bekanntlich erhielt sie ihren ersten und einzigen Oscar fünf Jahre später als Nebendarstellerin in Jerry Zuckers Ghost – Nachricht von Sam.

Goldbergs Performance ist nach wie vor zum Dahinschmelzen. Ihre Charakterentwicklung und die aufbrodelnde Emanzipation verkörpert sie mit einer sagenhaften Authentizität und Eindringlichkeit. Mitverantwortlich für Goldbergs Präsenz ist ebenfalls Produzent Quincy Jones, der die Bühnenkünstlerin als Hauptdarstellerin vorgeschlagen hatte. Im Rahmen von Spielbergs Filmografie ist Jones ebenfalls eine Besonderheit, denn er hat erstmals Spielbergs Stammkomponisten John Williams für die Komposition des Soundtracks abgelöst – mit großem künstlerischem Erfolg.

Die Literaturverfilmung stieß damals auf ein geteiltes Echo. Während Goldbergs Performance und Spielbergs Inszenierung hochgelobt wurden, kritisierten einige Stimmen die Darstellung der schwarzen Männer im Film. Spike Lees Debütfilm She’s Gotta Have It wird teils sogar als Antwort auf Spielbergs Die Farbe Lila gesehen. Lee damals: „The difference between this film [‚She’s Gotta Have It‘] and ‚The Color Purple‘ is that even though there are some dog black men in this film, you can tell there is a difference. This film was not done with hate, and none of the men here are one-note animals, like Mister [Danny Glovers Figur] was in ‚The Color Purple.’“ Spielberg hielt sich jedoch strikt an der Romanvorlage, mit Ausnahme der lesbischen Liebesszenen zwischen Celie und Shug Avery, die lediglich auf ein paar Küsse reduziert wurden. Laut Spielberg habe er sein erhofftes PG-13 nicht riskieren wollen.

Ja, Die Farbe Lila ist zweifellos ein wichtiger und bedeutsamer Film, der sich für damalige Verhältnisse viel getraut hat und innerhalb Spielbergs Karriere ein Risiko darstellte. Themen wie Inzest, Rassismus, Sexismus, aber auch die Darstellung zweier homosexueller bzw. bisexueller Afroamerikanerinnen waren (besonders in jener Kombination und Gesamtheit) für den Mainstream absolutes Neuland. Dafür nutzte Spielberg bildhübsche, stilisierte Hollywoodbilder, wie man sie aus den späten Dreißiger- und Vierzigerjahren alter US-amerikanischer Kinofilme kennt. Doch die Medaille hat auch eine Kehrseite, denn das Drama schafft mit seiner tonalen Vorsicht nicht den Sprung durchgehend unterhaltsam oder ergreifend zu sein. Stattdessen plätschert die Erzählung lauwarm von einem Ereignis zum nächsten ohne dabei mitreißend genug zu sein, um als Zuschauer die zweieinhalbstündige Laufzeit mit durchgehender Konzentration überstehen zu können. Das ist mehr als ärgerlich, da der Film deutlich mehr Wirkung gebraucht und verdient hätte. Doch Spielberg klammert sich zu sehr an klischeebehafteten Darstellungsformen, die nur selten aus ihrer Komfortzone ausbrechen. Das hat die Geschichte von Die Farbe Lila nicht verdient.

Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Menno Meyjes nach einem Roman von Alice Walker
Produktion: Steven Spielberg, Kathleen Kennedy, Quincy Jones, Frank Marshall
Darsteller: Whoopi Goldberg, Danny Glover, Oprah Winfrey
Altersfreigabe: ab 12
Laufzeit: 153 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 1985
Budget: 15 Mio. USD
Box Office: 142 Mio. USD

Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Warner Bros.

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