Heißerwartet startet das Kriegsdrama von Ang Lee am 2. Februar in den deutschen Kinos. Während im Vorfeld über die technischen Meilensteine des Films spekuliert wurden, ließ besonders der ungewöhnlich konstruierte Cast manch eine Erwartung steigern. Lee erwies schließlich mit seinem vorigem Abenteuerfilm Life of Pi seine Kompetenz für herausragende Visualisierungen. Mit Die irre Heldentour des Billy Lynn stellt sich fest, dass dies keine Ausnahme war. In unwahrscheinlich hoher Bildrate und bestechendem 3D gedreht bietet sein neuster Film eine berauschende und einnehmende Wirkung, die zweifellos für die ganz große Leinwand ist. Seine Bilder beweisen nicht nur wahrhaftige Größe, sondern blenden ebenso grell – denn auf inhaltlicher Ebene ist sich vor Müll nicht zu retten.
Das schwierigste an Billy Lynn ist sein Umgang mit sich selbst. Von Beginn an schweben Handlung und Dialoge auf hoher Oberfläche und genießen es, Klischees der alten Schule auszunutzen. Am meisten betroffen ist die Liebesgeschichte zwischen Billy Lynn und einer Cheerleaderin. Zu flach soll hier jener Kitsch entlarvt werden, indem die moderne Unverbindlichkeit gegenwärtiger Beziehungen binnen des filmischen Ausklanges leere Hülsen zu sein scheinen. Dass solche Methoden mit grandiosem Erfolg aufgehen, belegt sich an den Größen von A History of Violence und The Guest. Billy Lynn hingegen ist in seiner Machart deutlich zu instabil und versagt durch das tatsächliche Einnehmen oberflächlicher Haltungen in voller Länge. Form und Inhalt schwimmen nicht entgegengesetzt, sondern sind kaum zu unterscheiden.
Von jener Leere ist auch der quantitative Cast betroffen. Unerträglich sind die Rollen von Vin Diesel, Steve Martin und Makenzie Leigh, die in ihrer Künstlichkeit den totalen Ernst tragen. Ihre realitätsfernen Zeichnungen erwecken nicht nur ein fremdschämendes Gefühl, sondern verbeispielen die strengstereotypischen Züge jedes einzelnen Charakters. Was damit jedoch unbeabsichtigt resultiert wird, ist die demonstrierte Wechselbeziehung zwischen Umfeld und Produkt: Die übersprühende Euphorie eines warmen, gemeinschaftlichen Amerikas findet sich in einem Footballstadion zusammen, wo die Farben Rot und Blau allgegenwärtig sind. Jeder ist erfüllt von Naivität, außer der labile Billy, der sich lediglich entfremdet fühlt. Ist er aber erst einmal mit seinem Umfeld wieder vertraut, überkommt ihm die selbe Naivität und er verliebt sich auf den ersten Blick – was ein Kitsch.
Statt einer politischen Kritik an die Busch-Präsidentschaft sind unendlich durchgekaute Warnungen vor der Teilnahme an den Krieg präsent. Gegenwärtig ist ein solcher Inhalt immer, aber er sollte nicht mit peinlichen Stereotypen monoton amerikanisiert werden. Die irre Heldentour des Billy Lynn ist letztlich ein widersprüchlicher Versuch sich stilvoll mit Gewalt auseinanderzusetzen.
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