Heutzutage noch etwas Originalität im Horror/Thrillergenre zu finden, lässt sich in etwa mit der Suche nach einem vierblättrigen Kleeblatt vergleichen. Terrorszenarien werden mit dämonischer Besessenheit infiziert, Slasher auf langweilige Jump-Scares reduziert oder es wird die Kommerzkuh gemolken, bis sich endlich zeigt, dass ein Franchise irgendwann ausgelutscht ist. Nachdem der uruguayischer Regisseur Fede Alvarez bereits mit seinem Evil Dead Remake beweisen konnte, dass er große Liebe zum Horrorgenre empfindet und nicht gezielt auf jüngere Altersklassen inszeniert, beweist er auch mit Dont Breathe, dass sein Erstlingswerk kein Glücksfall war. Es gelingt ihm nicht nur, dem Home Invasion Szenario durch Umkehrung der Täter/Opfer Seite frischen Wind einzuhauchen, sondern auch durch Sound Design und inszenatorischen Kniffen etwas noch nie Dagewesenes zu kreiren. Nach einer kurzen Exposition und der damit verbunden Charakterdarstellung von Rocky, die ihren letzten Job nutzen möchte um genug Geld für einen Neuanfang mit ihrer Schwester sammeln zu können, verliert „Dont Breathe“ nicht viel Zeit um dem Geschehen die nötige Kinetik zu verleihen. Einmal in der Höhle des Löwen angekommen, ist die Spannung nervenzerfetzend, bis die Hölle jedoch losbricht vergeht noch kurz Zeit. Anfangs weiß der blinde Mann noch nicht, dass sich drei Menschen in seinem Haus befinden, was bereits einen der interessantesten Kniffe der Inszenierung offenbart.
„Dont Breathe“ ist nicht nur der Titel dieses fiesen Terrorstücks, sondern bestimmt auch mehrmals das Handeln der Protagonisten. Sie versuchen nicht zu atmen oder sich zu bewegen um nicht aufzufallen. In dieser Zeit hört der Zuschauer selbst nur kleinstes Dielenknarren, Schritte im dunklen Flur oder das panische Schnappen nach Luft und versucht selbst, die Luft anzuhalten. Doch anstatt diesen Spannungsaufbau immer wieder mit einem überlauten Jump Scare ausklingen zu lassen, bleibt die Anspannung bis die Gefahr erstmal außer Reichweite ist. Klar liefert Fede Alvarez auch hier einige Jump-Scares, die sich jedoch fast ausschließlich aus realen Situationen ergeben, abgesehen von dem wohl effektivsten Tier-Jumpscare der letzten Jahre. Am besten funktioniert „Dont Breathe“ allerdings ohne Vorabsichtung des Trailers oder zu großem Vorwissen. Leider enttäuscht das Finale was die Spannung angeht, da der rohe Überlebenskampf bereits seinen Höhepunkt im Keller findet und das Ende durch ständige Schwarzabblenden lange hinausgezögert wird, bis es am Schluss leider an gewünschter Konsequenz fehlt.
Das ändert jedoch nichts daran, dass Dont Breathe das spannendste ist, das man seit langer Zeitwand auf der Leinwand verfolgen darf. Nägelkauende Spannung die an den Nerven zerrt, effektive Jump Scares und eine so trockene und rohe Brutälität, dass es schweißtreibende Freude ist. Ganz ganz böses Terrorkino bei dem Fede Alvarez erneut zeigt, dass er das Genre verstanden hat. Man darf gespannt sein, wie er den Zuschauer beim nächsten Mal in die Sitze fesselt!
Alle Bild- und Videorechte obliegen dem Verleih ©Sony Pictures