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Einfach das ende der Welt Kritik

Einfach das Ende der Welt

von Sean Theumer

Zwei Jahre nachdem Xavier Dolan seine erschütternde Gefühlsgranate „Mommy“ auf uns und die Filmfestspiele von Cannes losgelassen hat, erobert er, zumindest preistechnisch, wieder die Bühnen der fränzösischen Côte d’Azur. Dort mit seinem verfilmten Theaterstück Einfach das Ende der Welt polarisierte er regelrecht. Die Variety kürte ihn sogar zur größten Enttäuschung des gesamten Festivals. Aber das macht dieses Drama nur noch interessanter.

Um es direkt zu Beginn anzusprechen. Einfach das Ende der Welt ist erneut ein beachtliches Werk des jungen Frankokanadiers, das sicherlich nicht an die Brillanz von „Mommy“ oder „Laurence Anyways“ stößt, aber zu solch einer Kontinuität sind selbst Wunderknaben kaum in der Lage. Thematisch wird es allerdings auch nicht angenehmer. Der todkranke Schriftsteller Louis möchte seiner Familie mitteilen, dass er sterben wird, doch entartet dieses Vorhaben da die Familie innerlich völlig zerstritten ist. Einfach das Ende der Welt erinnert an ein kleines Kammerspiel und stellt über die gesamte Laufzeit die extreme Steigerung eines innerlich bereits brodelnden Verhältnis einer dysfunktionalen Familie dar. Dabei brodelt dieser Vulkan anfangs noch ruhend vor sich hin, bevor er sich am Ende in einer enormen Explosion über das Szenario ergießt.

Sein Gespür für Poesie zeigt Xavier Dolan auch hier wieder. In den gefühlvollen Rückblenden und Montagen, unterlegt von Moby, Blink 182 oder O´Zone, hat Einfach das Ende der Welt auch seine größten Stärken. Besonders in Mommy erschuf Dolan magische Momente in Verbindung von Musik und Bild und auch wenn diese Magie hier ausbleibt, rufen diese Momente auch dicke Gänsehaut hervor. Denn augenscheinlich stagniert Einfach das Ende der Welt. Louis´ Mutter, sein Bruder und dessen Frau und seine Schwester scheinen sich hinter eine Fassade zu verstecken. Es ist ein Konflikt, der mit dem inneren Selbst ausgetragen wird. Die Räumlichkeiten repräsentieren die Eingeschränktheit der Gefühlt, die Stilmittel sind reduziert.

Die Kamera ist fokussiert auf die Gesichter, ist interessiert an jeder Facette, an jedem Gefühl. In diesem Wechsel aus sich steigernden Dialogen und Flashbacks pusht sich Einfach das Ende der Welt bis hin zum Finale bevor das „Ende“ der Welt eintritt. Es ist die Apokalypse der einzelnen Figuren. Ein großer Knall der sich auf die engen Räume entlädt und ein monströse Eskalation der verbalen Streitereien. Am Ende bleibt nichts Weiteres als Leere. Leere Blicke, Gedanken und verlassene Räume. Getragen wird der Film von seinem wunderbaren Ensemble. Marion Cotillard als zierliche und schüchterne Frau mit ängstlichem Blick, Léa Seydoux als zwiegespaltene Schwester, Nathalie Baye als liebende Mutter, die selbst im Käfig aus Wut und Gefühl gefangen ist, Vincent Cassel als rasender und innerlich zerstreuter älterer Bruder und Gaspard Ulliel als todkranker und melancholischer Schriftsteller.

Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es zumindest in einem Sprichwort. Hier werden wir jedoch Zeuge wie die Zeit alle Wunden erneut aufreißt und der Hass, der daraus sprießt, sich mit Vorwürfen und Hass entlädt, bei dem selbst das Bund der Familie machtlos ist. Erneut kein leichter Film, den uns Xavier Dolan hier präsentiert, aber er ist wieder eine Klasse für sich!

Einfach das Ende der Welt DVD

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Weltkino

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