Das Vermächtnis von Tanz der Teufel ist unumstritten. Als einer der Wegbereiter des Splatterkinos revolutionierte und prägte Sam Raimi 1981 ein gesamtes Genre, toppte und parodierte sich selbst im irrwitzigen Tanz der Teufel 2, legte mit Armee der Finsternis eine Ash Auskopplung hin die grotesk zwischen Trash-Horror-Action und Abenteuerfilm wandelte und selbst das Remake im Jahr 2013, das er nur noch produziert hat ist eines der Beispiele wenn man von Neuverfilmungen redet, die seinem Vorbild qualitativ in nichts nachstehen.
Mit dem soliden Erfolg gab es immer wieder Gerüchte um einen weiteren Film, die sich tatsächlich über 10 Jahre strecken sollten. Ursprünglich konzipiert für den Warner Streamingdienst HBO Max, gab es eine internationale Kinoauswertung aufgrund extrem positiver Resonanzen in Test-Screenings. Und Evil Dead Rise legt eine Frage offen bei der man leider keine richtige Antwort finden kann: Wie kann ein fünfter Film in einem seit 40 Jahren laufenden Franchise immer noch so unglaublich gut sein?
Um nicht sogar sensationell zu sagen. Allein der Prolog ist eine einzige Orgie für die Sinne, die im April diesen Jahres in der Sneak für regen Besucherverlust sorgte und das nur aufgrund der Lautstärke. Lee Cronin hat zuvor den Slow-Horror The Hole in the Ground inszeniert und dann den Regieposten für Evil Dead Rise bekommen. Ein Kontrast der eigentlich zum scheitern verurteilt war. Doch Cronin ist ein absoluter Horrorfan und Filmfreak, der sich scheinbar bewusst in seinem Debüt zurückgehalten hat. Evil Dead Rise bläst aus allen Rohren und das so ehrwürdig zum Original, dass man sich verneigen will.
Die Zutaten die früher schon funktioniert haben werden einfach modernisiert. Zwar fehlt der Subtext und die Freude an der Zerstörung von menschlichen Körpern die Fede Alvarez so irrsinnig in Evil Dead fröhnte, aber wenn das Sound-Design das simpelste Rumpeln von Holzbrettern zu einem Subwoofer-Spektakel wachsen lässt, Tattoo-Maschinen und Käsereiben zweckentfremdet werden pocht das Genreherz mit einem 200er Puls. Da vermengen sich spaßbereitende Jumpscares, die man meilenweit schnuppert aber trotzdem aufgrund ihrer effektiven Inszenierung wirkungsvoll im Kreislauf einschlagen mit praktischen Goreeffekten in denen das Blut literweise durch die grauen Wohnungen spritzen darf.
Den Terror jetzt in ein Hochhaus zu legen, erinnert natürlich an Demons 2 von Lamberto Bava, dem sich nicht nur einmal verbeugt wird. Es lässt dennoch die Fragen offen was aus Evil Dead Rise geworden wäre, wenn das Szenario aus Demons genommen worden wäre. Evil Dead in einem Kino. Wir schweifen jedoch ab. Das Hochhaus bietet natürlich andere Kniffe aufgrund der größeren Kulisse mit klaustrophobischen Settings. Statt unschöne Begegnungen mit Bäumen und Ästen gibt es jetzt Kabel in Aufzugschächten, statt Stifte in die Verse gibt es Tattoonadeln in die Augen. Und trotz aller ausladenden Eskalationen wirkt es so, als hätte Cronin nicht komplett eskalieren dürfen.
Da wirkt der nette Kniff ein Flurmassaker durch den Türspion zu filmen fast als Verschleierung der Nahaufnahmen. Am Ende gibt es jedoch ein schönes Bildzitat aus Tanz der Teufel 2, weswegen man dem nicht lange böse sein kann. Das Finale, glücklicherweise nicht in den Trailern verraten, bietet dann einen kompletten Body-Horror-Exzess mitsamt Verformungen, brechender Gliedmaßen, Kettensägen und noch viel mehr. Es endet genau so konsequent und erbarmungslos wie es begann. Evil Dead Rise legt ab Minute 1 den Fuß aufs Gaspedal, sodass ein echtes Fest entsteht. Alyssa Sutherland ist hervorragend als Dämon, die Familiendynamik funktioniert obwohl man weiß was den Kindern und Erwachsenen bevorsteht. Da ist es zu verkraften wenn das Drehbuch beinahe 1:1 das Original in seiner Struktur wiedergibt.
Regie: Lee Cronin
Drehbuch: Lee Cronin
Darsteller: Alyssa Sutherland, Mirabai Pease, Lili Sullivan, Gabrielle Echols, Nell Fisher
Score Composer: Stephen McKeon
Cinematographer: Dave Garbett
Altersfreigabe: 18
Lauflänge: 96 Minuten
Erscheinungsjahr: 2023
Budget: 12.000.000$
Box-Office: 146.500.000$
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Warner Bros. Entertainment