Dunkle Schatten, alte Rituale, geheimnisvolle Familienflüche eingebettet typischen, fast elegantem koreanischen Gruselton, der gleichermaßen unheimlich wie melancholisch ist. Regisseur Jang Jae-hyun, liefert hier einen Film, der sich zunächst wie eine klassische Geistergeschichte anfühlt, dann aber immer größer, teurer und aufwendiger wird – bis er am Ende fast an seiner eigenen Ambition zu zerbrechen droht.
Die Prämisse ist eigentlich simpel: Zwei Schamanen, ein Mönch und ein Feng-Shui-Meister werden engagiert, um das Grab eines reichen Ahnen in Südkorea zu verlegen. Der Auftrag wirkt zunächst wie Routine – bis sich herausstellt, dass unter der Erde etwas ruht, das besser unangetastet geblieben wäre. Von diesem Punkt an entfaltet sich ein Film, der tief in koreanische Folklore eintaucht und dabei eine beeindruckend dichte Stimmung aufbaut. Exhuma ist in seiner ersten Hälfte auf Gänsehaut fokussiert – getragen von Ritualen, Beschwörungen, Räucherstäbchen und alten Mythen, die sich so selbstverständlich in die moderne Welt mischen, dass man fast vergisst, wie absurd das eigentlich alles ist.
Visuell ist das schlicht grandios. Jang arbeitet mit dunklen Erdtönen, glimmenden Kerzen und einer Kamera, die ständig in Bewegung bleibt, als würde sie selbst vom Bösen beobachtet. Jede Szene wirkt komponiert, fast gemalt. Die Graböffnung im ersten Drittel des Films ist ein Paradebeispiel für spannungsgeladenes, handwerklich perfektes Horrorkino – ruhig, intensiv, unheilvoll. Hier zeigt Exhuma, dass er in puncto Atmosphäre zu den besten asiatischen Genreproduktionen der letzten Jahre gehört.
Doch mit zunehmender Laufzeit dehnt sich der Film immer weiter aus. Was als fokussierter, folkloristischer Horror beginnt, wächst zu einem bombastischen, fast epischen Geisterdrama heran. Man merkt, dass Jang Jae-hyun viel will – er will Geisterfilm, Familiendrama, Mysterythriller und Religionsmetapher zugleich sein. Und über weite Strecken gelingt ihm das erstaunlich gut. Doch irgendwann kippt die Balance. Der Film verliert sich in seiner Mythologie, erklärt zu viel, zeigt zu viel, will zu viel. Das Mysterium, das ihn anfangs so stark macht, wird im letzten Drittel durch Erklärungen und überzogene Effekte etwas verwässert.
Trotzdem bleibt Exhuma absolut sehenswert. Schon wegen seiner Darsteller, allen voran Choi Min-sik. Der Film mag am Ende zu viel wollen, aber er verliert nie seine Handschrift. Er bleibt ein aufwendig inszeniertes Stück Horror, das die koreanische Tradition respektiert und sie gleichzeitig in modernes Blockbusterkino übersetzt. Exhuma ist atmosphärisch dicht, handwerklich makellos und voller Ideen – auch wenn er an seiner Größe ein bisschen erstickt. Doch in seinen besten Momenten, wenn Erde auf alte Knochen fällt und Wind durch die Grabkammer zieht, ist er schlicht exzellent. Ein Geisterfilm, der sich traut, groß zu denken – und auch, wenn er dabei stolpert, bleibt der Eindruck stark.


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