Billy Wilder drehte bereits vor Sunset Boulevard einen waschechten Film noir: Mit seinem finsteren Thriller Frau ohne Gewissen von 1944 ging Wilder einige Schritte weiter als die Filmemacher davor und konzentrierte sich auf ein Gesellschaftsbild, das durch und durch abstoßend erscheint. Der perfekte Start in ein hemmungsloses Wochenende.
Inmitten einer rabenschwarzen Nacht stürmt der Versicherungshai Walter Neff (Fred MacMurray) in sein Büro und dokumentiert sein Geständnis über die vergangenden Wochen: Während eines Kundenbesuches verliebte sich Walter in die Hausgattin Phyllis (Barbara Stanwyck). Beide gingen überaus spielerisch miteinander um und begannen sich im Zuge einer Lebensversicherung den perfekten Mord auszumalden – an den Hausherren. Gesagt, getan.
Anders als die anderen Filme seiner Zeit zentriert Billy Wilders Frau ohne Gewissen zwei durch und durch unsympathische Charaktere. Es ist nicht so wie bei den üblichen Gangsterfilmen, wo der Zuschauer einem empathischen Handlanger ausgesetzt ist. Viel mehr bemüht sich Wilder darum die Figuren so abstößend wie möglich zu konstruieren. Somit ist die erste gemeinse Szene von Walter und Phyllis von falschen, unangenehmen Annäherungen kaum zu übertreffen. Walters Flirt ist dabei ebenso fremdschämend und aufgesetzt, wie die Perrücke von Barbara Stanwyck, welche Wilder bewusst für ihren Charakter gewählt hat.
Die Ausnahmefigur inmitten des Abschaum-Ensembles ist der Freund und Kollege von Walter, namens Barton. Dieser wird gnadenlos gut und überraschend anders von Edward G. Robinson gespielt, dessen Positionierung als moralische Nebenfigur ein humorvoller Kommentar zu seiner bisweiligen Karriere als Gangster-Darsteller bildet. Mit ihm tritt auch der grandiose Streichholz-Runnig Gag wiederholt in die Handlung. Die Art und Weise, wie Wilder diese Symbolik im Verlauf des Filmes variiert, hilft nicht nur bei dem Verständnis der Charakterbeziehungen, sondern erfüllt zudem das Schlussbild mit einer Wärme, wie sie das erste Mal im Film vorkommt.
Frau ohne Gewissen hat bis heute nichts von seiner Finsternis verloren. Der Versuch, zwei widerwertige Figuren in den Mittelpunkt der Handlung zu platzieren, funnktioniert im ganzen Maße und tränkt das ohnehin schon düstere Setting versärkt in Schwarz. Doch schafft Wilder neben all dem Zynismus eines: Verdammt gute Unterhaltung.
Black Friday: Jeden Freitag ein klassischer Film noir aus der schwarzen Serie.
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