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Grüße aus Fukushima

von Marc

„Ich möchte euch ein paar Dinge fragen, die mich beschäftigen. Oft gerate ich in Panik, wenn ich daran denke, welche Richtung mein Leben nimmt. Bin ich mit dem richtigen Menschen zusammen? Habe ich die richtige Arbeit? Sehe ich richtig aus? Verdiene ich genug Geld? Mache ich genug aus meinem Leben? Bin ich glücklich? Sollte ich anders leben? Und immer und immer so weiter. Eine endlose Flut von Fragen, die mich überrollt und mich ängstigt. Ich kann nicht anders, als mir ständig Sorgen zu machen. Was wäre wenn? Was wäre, wenn ich alles verlöre, was mir lieb ist? Wie tief kann ich fallen? Wie fange ich von vorne an? Und wie kann ich mich daran erinnern, dass dies mein Leben ist, mein einziges? Wie?“ (Marie)

GRÜSSE AUS FUKUSHIMA

© Majestic

„Grüße aus Fukushima“ ist ein deutsches Filmerlebnis der anderen Art. Ein Erlebnis, dass die immense Definitionsbreite des Mediums zur Schau stellt. „Grüße aus Fukushima“ ist weniger ein Drama als ein poetisches Gedicht des Lebens und dessen ganzer Schönheit. Die Ereignisse von Fukushima stehen dabei im Hintergrund und bilden lediglich das Gerüst des Werkes. Im Zentrum steht das Aufeinandertreffen zwei vollkommen verschiedener Kulturen; europäischer und asiatischer.

Erzählt wird der Film aus der Sicht von Marie, einer Deutschen, die sich freiwillig meldet, um nach der Atomkatastrophe in Fukushima den dortigen Menschen zu helfen. Doch sie merkt schnell, dass ihr Aufenthalt nicht den gewünschten Erfolg hat; Marie ist unglücklich über ein Ereignis in ihrer nahen Vergangenheit, doch sie schafft es nicht, es durch den Anblick der Not der Menschen in Fukushima zu verdrängen. Bis sie auf eine seltsame japanische Frau mit dem Namen Satomi trifft.

Trotz der vielen kulturellen Unterschiede wird eines schnell klar; beide haben mehr Gemeinsamkeiten als man vermuten würde. Sie beide verbindet eine Eigenschaft, der Selbsthass, die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Zwei Seelenverwandte aus zwei anderen Welten, die jeweils Reue spüren aufgrund eines vergangenen Ereignisses. Einander durch ihre Verschiedenheit in diesen innerlichen Krisen helfend baut sich eine freundschaftliche Beziehung zwischen den zwei gänzlich unterschiedlichen Menschen auf.

„Grüße aus Fukushima“ erzählt eine wundervolle Geschichte über Freundschaft, über das Leben selbst, über das Loslösen von Erinnerungen. Zugleich gibt er als deutliches Statement preis, wie wichtig es für den Menschen ist, in der Realität zu leben. „Grüße aus Fukushima“ macht das Leben in seiner ganzen Schönheit deutlich, er stellt es als ein Geschenk dar, von dem jeder Mensch nur ein einziges besitzt. Ein wertvolles Geschenk, dessen Wert geschätzt werden sollte. Trotz Reue, Selbsthass oder zerplatzter Lebensträume dreht sich sein Rad weiter, und stoppt erst dann, wenn es stoppen soll. Denn Vermissen bedeutet, mit Geistern zu leben, Vermissen bedeutet, das Leben in der Realität gegen eines Einzutauschen, das bereits gelebt wurde, Vermissen bedeutet, sein kostbares Leben zu vergeuden.

Regisseurin Doris Dörrie gelang ein Film von poetischer und philosophischer Wucht, der zeigt, dass der deutsche Independent-Film noch lange nicht ausgestorben ist. Obwohl komplett in schwarz-weiß gedreht vermittelt dieser Film dennoch ein Gefühl von unheimlicher Farbenprächtigkeit. Melancholische Musik und eine tolle, realitätsnah spielende Protagonistin tauchen den Streifen in eine sentimentale Stimmung. „Grüße aus Fukushima“ ist wohl die humanistischste Liebeserklärung an das Leben der letzten Jahre, eine Verneigung vor dem Leben selbst, deren Quintessenzen den Zuschauer auch noch lange nach dem Verlassen des Kinosaales beschäftigen.

GRÜSSE AUS FUKUSHIMA

© Majestic

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