Die Neuinterpretation von Thomas Harris‘ umstrittenen Roman „Roter Drache“ arbeitet sich gezielt zur finalen Staffel rund um Will Graham, Jack Crawford und Hannibal Lecter durch.
Nachdem die ersten zwei Staffeln immer mehr an temporeichem Storytelling aufgeholt haben, setzt der Beginn der dritten Staffel einen sesshaften Schnitt ein und verfrachtet den kannibalischen Doktor gemeinsam mit Bedelia nach Florenz. Besonders die erste Hälfte der Staffel hat eine Vielzahl von inszenatorischen Feinheiten zu bietet, wie man sie aus den herausragenden letzten Episoden der vorherigen Season kennt. Zusätzlich verleiht die italienische Kulisse eine ganz eigene Note, wie sie nicht besser auf die Serie geschnitten sein könnte. Auch wenn die Story ein wenig Anschwung benötigte, um dann schließlich den brennenden Spannungspunkt der Erzählung zu finden, verkommt es nie zur Langenweile. Die allgegenwärtigen Blutladungen der Serie behalten fortlaufend ihre spezielle Ästhetik. Beachtlich ist es immer noch, dass ein bedenklicher Grad von Gewaltverherrlichung nie dabei auftritt. Es hat schließlich stets einen gewissen Hintergrund oder eine Zielführung, im primären Fall die Abschreckung des Zuschauers.
Das mutigste der Serie -und besonders der dritten Staffel- ist es, dass die Macher ihren Zuschauern alles zutrauen und sie in einigen Szenen sogar bis zur Verzweiflung bringen. Eventuell ist das oder der dreijährige Zeitsprung inmitten der Staffel der Grund für das aktuelle Aus der Produktion. Wer jedoch die Geschichte kennt, sei es aus dem Roman oder aus der gleichnamigen Verfilmung mit Edward Norton als Will Graham, weiß, dass der Kern der Geschichte noch lange nicht erfasst war. Umso enttäuschender könnte es für den einen oder anderen sein, dass die eigentliche Geschichte einen Umfang von gerade mal sechs Episoden hat. Dies wirkt im Vergleich zum bisherigen Verlauf der Serie überaus kurz, doch umgeht es klugerweise einige unschöne Längen. So fühlt sich die langersehnte Handlung wie eine Art Miniserie an und schließt die Staffel mit einem interpretationsreichem Ende ab. Nun lässt es sich abwarten, ob eine mögliche Weitererzählung an diesem Punkt anknüpfen oder sogar die Geschehnisse aus „Das Schweigen der Lämmer“ behandeln wird. Beides wäre möglich.
Unterm Strich handelt es sich bei der dritten Runde von „Hannibal“ um eine kurzweilige und wieder einmal berauschende Staffel, die trotz der ungewollten, vorzeitigen Absetzung ein doppelbödiges und vielseitiges Ende der Extraklasse beschert.
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