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Hardcore Henry

von Sean Theumer

Schon lange blieb es volljährigen Kinogängern verwehrt, einen knallharten Männerfilm auf großer Leinwand zu sehen, der weder für eine bestimmte Zielgruppe inszeniert war, noch mit roter Lebensuppe geizte. Im Jahre 2014 wurde aus Kommerzgründen die Rentnertruppe der Expendables  beinahe als familienfreundliche Gesangstruppe dargestellt und im „härter“ angekündigen Extended Cut lediglich im Zynismus und Gewaltorientierung in unpassendere Gefilde geschifft. Wie auch immer, die Erlösung kommt in die Kinos und die hat es wahrlich in sich.

Hardcore ist nicht nur ein Wegweiser in der Inszenierung des Actionkinos, sondern zeitgleich auch die volle Ausschöpfung seines Namens. Knallhart auf Videospielgeschichte konzentriert, haut „Hardcore“ dem Zuschauer einen wahrlich harten Brocken an Gewaltgeilheit, übertriebenen What the Fuck Momenten und eine lustvolle Zerstörung der Action-Setpieces um die Ohren. Nach kurzer Einleitung und der damit verbundenen Entführung von Henrys Flamme Estelle, braucht der Film jedoch um sich erstmal selbst zu finden. Das mangelt nicht an halsbrecherischen Stunts, sonder viel mehr an der Kinetik. Bis zum ersten Auftreten von Sharlto Copley (der hier wunderbar abgeht) sind die kurzen Actionszenen und besonders der Überblick etwas eingeschränkt und unstimmig, zumal man sich bewusst mit Exploitation  zurück. Wenn dann in der ersten Verfolgungsjagd bei Stellung des Zieles wunderbar garstig der erste Kopf zu einer matschigen Pampe zerschossen wird, liefert Hardcore genau das, was wir sehen wollen. Ein in mörderischen Tempo festgehaltenen Verfolgungsjagd mit sich immer steigernder Action und Gewalt. Tatsächlich wurde eine Altersfreigabe ab 16 beantragt, die sich jedoch mit einer gleichsetzenden Geschwindigkeit pulverisiert haben muss, wenn ganze Brüstkörbe aus Körpern gerissen werden. Vorteil ist es hier, dass der Zuschauer durch die POV Sicht eine ganz neue Betrachtungsweise auf totgeschaute Actionszenen bekommt. Wenn man mit feuerndem Maschinengewehr auf einem Motorrad durch einen voll besetzen Bus fährt und im Dauerfeuer Auto und Gegner erschießt, danach lässig auf den nächsten Transporter springt, eine Granate hinein wirft und im Sprung wieder auf dem Motorrad landert, während ein pyrotechnisches Feuerwerk direkt neben uns stattfindet, beeindruckt das auf ganz eigene Art und Weise. Wie erwartet trägt das Konzept die 90 Minuten nicht, weshalb im Mittelteil zwischenzeitlich kurze Ermüdungserscheinungen wahrzunehmen sind außerdem wird derjenige, der mit Ego Shootern oder knallharten Testosteronkino nichts anfangen kann, mit Hardcore sicher auch nichts anfangen können. Alle anderen erwartet ein Ereignis.

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©Capelight Pictures

Allein was hier in den letzten 45 Minuten abgezogen wird, geht auch keine Kuhhaut mehr. Knüppelharter Splatter, irrsinnige Verfolgungsjagden, aufgerissene Brustkörbe, explodierende Köpfe und die witzigste Puffschießerei seit Crank: High Voltage. Männerkino in Reinform. Reisetabletten einpacken, in der Exposition an den Look gewöhnen, mit dem Humor anfreunden und sich auf Wahnwitz einstellen. Danach könnte man glatt meinen, man pisst Red Bull, während man die letzten 90 Minuten Revue passieren lässt und den Wahnwitz realisert mit Abspannbegleitung  „Have the Time“ von „The Slackers“. „I can say that I dont know what I´m doing, but I can´t say I have the Time“. Wir haben die Zeit, also sollten wir sie nutzen, auch wenn wir nicht sagen können warum wir sie für das verwenden, was wir nicht erklären können. Feuer frei!

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Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Capelight Pictures

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