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Hereditary

von Sean Theumer

Hereditary entpuppte sich als jährlicher Kritikerliebling im Horrorbereich, wie es 2016 beispielsweise The VVitch war. Schnell zierten das gesamte PR Material, sowohl hier als auch in Amerika, Sprüche wie „Der Exorzist unserer Generation“ oder „Der gruseligste Horrorfilm aller Zeiten“. Ein Versprechen, das in der Regel die wenigsten Filme mit solchen Kritiken einhalten können. Dass anspruchsvolle Horrorkost beim Otto-Normal-Kinogänger weitesgehend durchfallen ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Auch Hereditary ist einer der Horrorfilme die nicht Schlag auf Schlag irgendwelche Cheap Thrills servieren, sondern mit Bedacht und entschleunigtem Tempo die Vielfalt und Komplexität des Genres aufzeigen. Ihn dabei jedoch als reinen Horrorfilm zu bezeichnen ist etwas falsch. Viel mehr inszeniert Ari Aster ein furchteinflößendes Familiendrama mit den schrecklichsten Szenen des Kinojahres. Dabei entpuppt sich der Titel als perfider Hinweis der Geschichte. Hereditary, was ins Deutsche übersetzt so viel wie erblich heißt, lässt bereits böses vermuten.

Auf die Geschichte sollte dabei jedoch nicht weiter eingegangen werden, da eine zu große Beschreibung, nicht nur die Überraschungen nimmt, sondern auch kaum ohne eigene Interpretation wiedergegeben kann. Deswegen beschränken wir uns in diesem Text rein auf den Spannungsaspekt und die Inszenierung seiner Spannung. Und da zieht Hereditary wirklich alle Register. Mit ständigem Pumpen im Score findet Aster verzerrte Bilder, perfide Fratzen und strapaziert die Nerven des Zuschauers ins Maximum.

Hereditary

Denn genau dann, wann uns Blumhouse und Co. einen Jump-Scare um die Ohren hauen würden und die Bedrohung vorerst gedämmt wäre, bleibt diese Anspannung hier genau am Limit. Im Kern ist Hereditary ein Familiendrama, das sich mit den Themen Verlust, Verarbeitung und Veränderung auseinandersetzt und die Charaktere durch die Hölle gehen lässt. Ari Aster versteht das Horrorkino zum einen als intime Erzählweise und als psychologische Folter. Um uns in Schockstarre zu verweisen braucht er keine Jump-Scares, sondern lediglich Sekunden in denen sich unscheinbar im Hintergrund Dinge ereignen, bei denen wir uns selbst fragen, ob diese eben wirklich passiert sind.

Und trotz dieser Subtilität bietet er die verstörendsten Bilder die man seit langer langer Zeit auf der Leinwand ertragen musste. Nach dem Drama folgt ein letztes Drittel, dass knallharten Horror nach bekanntem Motiv zu seinen Gunsten als beinharten Terror destilliert. In diesen Momenten findet sich auch die furchteinflößendste Szene ein, die das Herz zum Rasen bringt. Doch nicht nur das bleibt: Auch die Tragik der ganzen Geschichte lässt uns nicht mehr los.

Empfehlenswert für Halloween weil: Hereditary wirkt wie ein Film, den Roman Polanski in seiner Blütephase 1967 gedreht hat. Braucht es wirklich noch andere Gründe?

Alle Bilder obliegen dem Verleih ©Splendid.

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