31 Days of Fright – Tag 15
In den Neunzigern gab es eine kurze Zeit, in der alles, was Kevin Williamson anfasste, zu Gold wurde. Der Newcomer aus dem Nichts hatte gerade „Scream“ an den Mann gebracht, als er 1997 gleich einen der ersten, wenn auch weitgehend unironischen Vertreter der von ihm selbst losgetretenen Neo-Slasherfilmwelle verfasste.
Der Ruf aus der Vergangenheit kommt per Zettel. Der Killer, absurd verschlagen in einen Ölmantel gehüllt und mit einem Eisenhaken mordend, ist eher verspielter Natur. Er schleicht herum, klaut Autos, öffnet Spinds und schneidet Haare ab, kurz: Er gibt sich ziemliche Mühe. Sein Groll entstammt früheren Zeiten, als die vier Protagonisten das Ende ihrer Jugend feiern und sich dabei eine schwere Schuld aufladen. Jeder dürfte die Initialzündung der Handlung kennen.
Den Anfang, mit einer stimmigen Heli-Kamerafahrt eingeläutet und von einer kühl-klaren Coming of Age-Melancholie, wird man bald vermissen; es ist der beste Teil des Films. Was darauf folgt, ist Ernüchterung. Die Unzertrennlichen einer glorreichen Zeit haben sich auseinandergelebt und sind vom Leben eingeholt worden. Jennifer Love Hewitt spielt die sensible weibliche Hauptrolle, die es auf dem College schwer hat und in den Ferien in ihr Heimat-Fischerdorf zurückkehrt, wo ihre alten Freunde verblieben sind. Die großen Pläne und Träume sind zerbrochen. Die Protagonisten – ein publikumswirksamer Cast hat sich versammelt; darunter ein schauderhafter Freddie Prinze Jr. – sind allein. Ihre wenigen Bindungen sind Zweckbündnisse und mit passiver Aggression aufgeladen.
Die Gewaltausbrüche und Morde schlagen wie zusätzlicher Terror im Leben ein, das sich zwischen nicht zu hinterfragenden Formalia und Ritualen vollzieht, genannt sei hier nur der bizarre Schönheitswettbewerb. Die Willkür des Killers macht „Ich weiß…“ zwar recht unvorhersehbar, ebenso aber inkohärent und büßt durch Ermittlung und Demaskierung seinen Mythos ein. Einen kleinen, ironischen Gag konnte sich Williamson nicht verkneifen: Den Teens widerfährt mehr oder weniger ihre eigene Urban Legend.
Empfehlenswert für Halloween weil: Eine Dosis Nostalgie mitschwingt in diesem pessimistischen, nach Meerluft duftenden Beinahe-Klassiker, nach dem man seinen Kleiderschrank lieber nochmal überprüfen sollte…