Als James Wan den Film Insidious im Jahr 2010 auf die Filmwelt losgelassen hat, setzte dies einen immer noch omnipräsenten Trend in der modernen Mainstreamhorror-Landschaft in Gang. Den Zuschauer mit etlichen überlauten Jump-Scares ins Kino zu locken ohne Angst vor dem Film an sich, sondern lediglich als Mutprobe mit der Angespanntheit davor erschreckt zu werden. Es lässt sich nicht abstreiten, dass Teil 1 originelle Schockeinfälle hat, doch mittlerweile sind wir bei dem vierten Film einer Reihe angekommen, die in ihrem Zenit lediglich beim Mittelmaß stand. Keine guten Voraussetzungen für Insidious: The Last Key.
Blumhouse macht es vor
Jump-Scares locken die anvisierte Zielgruppe der Jugendlichen an und sorgt deshalb so gut wie immer für eine profitable Performance am Box-Office. Produktionsökonomisch sind die Filme von James Wan schon immer gewesen, auch der von ihm produzierte Insidious: The Last Key ist da keine Ausnahme. Mit einem Budget von 1-10 Millionen Dollar ist der Erfolg garantiert, denn egal wie stark der prozentuale Abstieg am zweiten Wochenende ist, wenn selbst die Zielgruppe unzufrieden ist, ist meist das Startwochenende bereits im zweistelligen Millionenbereich.
STX wollte beispielsweise mit The Bye Bye Man eine neue Horrorikone in die Welt der Schurken lassen und erhoffte sich einen Kultstatus des titelgebenden Antagonisten. Doch aus der Vision der Regisseurin, einen harten Slasher zu machen, enstand ein komplett anderer Film. Zurechtgestützt für ein familienfreundliches PG13 Rating mit allerhand billigen Tricks Leute zu erschrecken. Bei einem Budget von knapp 7,5 Millionen konnte Stacy Titles Film am ersten Wochenende solide 13 Mio. einspielen. Es sprach sich jedoch herum, dass The Bye Bye Man einer der schlechtesten Filme des Jahres und der Umsatz des Startwochenendes konnte nicht einmal verdoppelt werden. Dennoch wurde beinahe das Vierfache des Budgets international eingenommen, weswegen der Cash-Grab zwar ausblieb, aber dennoch keine schwarzen Zahlen geschrieben werden mussten.
Das Thema Insidious
Wie bereits erwähnt ist Insidious: The Last key mittlerweile der vierte Teil der Reihe, der zum Erfolgreichsten avancierte. Damit dürfte klar sein, dass die Kuh geldtechnisch noch lange nicht gemolken ist, doch qualitativ ist der Mainstream-Horror hiermit endgültig am Tiefpunkt angekommen. Das Schockmuster, welches James Wan initiierte sieht es vor, dass ein Szene bedrohlich über mehrere Minuten aufgebaut wird, nur damit der Zuschauer zum Schluss von diversen Geistererscheinungen angeschrien wird. Dieses Muster gab es in Teil 1 mit dem roten Dämon in der Küche, in Teil 2 mehrmals mit der Frau im weißen Kleid, in Teil 3 mit „He´s got your Baby“ und in Insidious: The Last Key gibt es dieses Muster sage und schreibe vier Mal.
Es handelt sich dabei um den wirklich faulsten Versuch seiner Prämisse gerecht zu werden. Noch schlimmer, es handelt sich sogar um den faulsten Versuch Horror zu inszenieren. Buh-Momente riecht man meilenweit gegen den Wind, doch wenn man sie mehr oder weniger kreativ umsetzt, bekommt man zumindest auf Unterhaltungsebene einen recht unterhaltsamen Faktor serviert. Sobald sich das jedoch repetitiv so ausreizt, dass man über knapp 100 Minuten zehn bis fünfzehn solcher Szenen gestreut bekommt, sollte man als Zuschauer vielleicht selbst einmal hinterfragen, wieso ständig Geld für den gleichen Film ausgibt.
Insidious: The Last Key möchte nämlich erneut Lin Shaye in den Vordergrund drücken und gibt in seiner Exposition genügend Potenzial für eine emotionale Basis. Ein Mädchen, dass mit Geistern kommunizieren kann und von ihrem Vater verprügelt wird und in den dunklen Keller gesperrt wird ist bei weitem nicht das kreativste, was das Genre zu bieten hat, doch Adam Robitel schafft es zumindest in seinen ersten Minuten zu überraschen. Zumindest bis der erste Gruselclip kommt. Hier bietet es sich nämlich an, ebenfalls von einer gewissen Clip-Ästhetik zu sprechen, denn der Horror wird tonal zwischen Familiengespräche und platte Witze gestreut, um auch nicht zu bösartig zu wirken. Und genau da sind wir wieder bei jenem Problem angekommen. In seinen Horrorsequenzen versprüht Insidious: The Last Key nämlich trockene Düsternis mit leichtem Ekeleinschlag, doch lebt diese einfach nicht richtig aus.
Ein komplett anderer Film
Der erste Teaser, den wir im September des letzten Jahres besprachen, bot uns ein Bild des Grauens welches sich hier nun bestätigte. „Laute Pop-Ups, gleicher Spannungsaufbau wie in Conjuring & Co. und monotone Ekeleffekte versprechen nichts gutes. Zumindest im Creature Design scheint man sich auszutoben, auch wenn es taktisch unklug war, diesen Geist direkt im Trailer zu demaksieren.“ Nein klug war das natürlich ganz und gar nicht, doch die Stimmung die im Trailer aufgefangen wird sind dreckig, schwarzgetränkt und versprechen einen düsteren Film. Wenn man den fertigen Film sieht wird jedoch klar, dass im Trailer leider sämtliche Clips aneinandergerreiht wurden. Kerngeschichte ist nämlich das Familiendrama zwischen Elise und ihrem Bruder und der Heimsuchung ihrer Nichten. Genauer gesagt bedeutet das, dass wir uns mit miserablen Dialogen und Charakteren beschäftigen müssen, die uns und den Jugendlichen im Kino sowieso egal sind, da wir lediglich erschreckt werden wollen.
Das bremst die Inszenierung nicht nur furchtbar aus, sondern verärgert regelrecht. Doch als wäre das nicht schon schlimm genug, bekommen wir mit dem Charakter Tucker ein Comic Relief, der nicht nur dumme Sprüche in unpassenden Situationen bringt, sondern sich auch nach jungem Fleisch verzehrt (hier in Form der Nichten) und in den ständigen Dominanzkonflikt mit Leigh Wannell kommt. Klingt nach mieser Komödie und fühlt sich leider auch so an. Gibt es denn abseits dieser ganzen Negativpunkte irgendetwas positives?
Jein. Das Kreaturendesign und jene Szene mit dem Schlüssel im schreienden Mädchenhals währen eine immerhin nette Zugabe gewesen, wenn wir sie nicht schon vom ersten Trailer an gesehen hätten. Lin Shaye spielt ihre Rolle mittlerweile im Autopilot herunter und, wie bereits zu oft erwähnt, bietet uns auch der Horror nur faule, gähnende Leere.
Fazit
Jeder, der sich mit der Vielfalt des Genrekinos und den unterschiedlichen Variationen des Spannungskinos auch nur oberflächlich auseinandergesetzt hat, wird hier Zeuge eines riesigen Debakels. Alle Schockeffekte kennt man bereits aus allen vorherigen Filmen von James Wan, die Geschichte ist komplett verschwendeter Unfug, einzelne Subplots sind so haarsträubend unterirdisch, dass es schon fast subversiv wirkt und Keyface entpuppt sich als Sidekick, der im fertigen Film nur die Szenen hat, die wir im Trailer gesehen habe. Insidious: The Last Key ist lautes, blödes und faules Horrorkino, dass den Zuschauer regelrecht anschreit und eigentlich einen Abschluss des Franchises bilden muss. Doch der Erfolg spricht für sich und wer weiß, vielleicht werden wir im nächsten Jahr wieder Zeuge, wie man zum fünften Mal den gleichen Film ins Kino bringt.
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