Nach dem Roman von Anne Rice erschien im Jahr 1994 mit Interview mit einem Vampir eine filmische Adaption mit den beiden Weltstars Tom Cruise und Brad Pitt. Ausgestattet mit einem großen Budget von 60 Millionen Dollar zeigt uns der Film von Neil Jordan die melancholische und zarte Saite des endlosen Lebens.
Im Jahr 1994 war das Mythologiewesen des untoten Blutsaugers noch nicht durch weichgespülte Teenagerfilme verpfuscht und den blutsaugenden Nachtgestalten gehörte zurecht der Respekt des Zuschauers. Nosferatu, Dracula oder The Lost Boys sind nur drei Beispiele für den etablierten Charakter eines Vampirs. Mal als Wandernder, mal als Liebender und mal als cooler, ledertragender Zeitgeist.
Mit Interview mit einem Vampir verändern sich das Wesen eines Vampirs nun in dem Sinne, dass er letztendlich auch seine menschlichen Verlustängste und Bedürfnisse nicht hinter seinem mordlüsternden Vorhang verstecken kann. In pompöser Barockausstattung, aufwendigen Kostümen und überwaltigend konstruierten Szenerien rekonstruiert Louis seine Lebensgeschichte für den Radioreporter Malloy. Es ist eine tragisch kitschige Geschichte, die Interview mit einem Vampir nutzt um die zärtliche Melancholie zu einem Drama auszuschmücken und den homoerotischen Charakter auszubauen. Zärtliche Blicke zwischen Mann und Mann, die Sehnsucht nach Liebe in der endlosen Tristesse der Unvergänglichkeit.
Das ist zeitgleich ein purer Bombast für die Augen. Wie bereits erwähnt ist die Ausstattung und Gestaltung einfach nur saftig und die Inszenierung suhlt sich in seinen Bildern. Sei es düsteres Sumpfland, prunkvolle Villen, die Pariser Katakomben oder das moderne San Francisco. Doch Interview mit einem Vampir behandelt das Wesen des Vampirs zeitgleich mit dem nötigen Respekt. Auch wenn es bedächtig um Gefühle geht geht Neil Jordan gewalttechnisch voll aufs Ganze. Es wird gebissen, geblutet, verbrannt, zerteilt und das alles mit praktischen Effekten. Selbst heute ist es erstaunlich, dass dieser Film mit einer Freigabe ab 16 ausgestattet ist.
Natürlich hat Interview mit einem Vampir auch seine Schwächen. Gelegentlich spürt man die Länge, die Charakterausarbeitung der kleinen Claudia erfolgt mit Holzhammermethode und der grandiose Tom Cruise spielt so voller Hingabe und Laune, dass nahezu jeder in seinem Umfeld zu erblassen droht. Am Ende jedoch ein blutiges, emotionales Drama mit tollen Darstellern, toller Ausstattung und einem herrlich zynischen Ende.
Empfehlenswert für Halloween weil: Gewiss kein gruseliger Film für einen schweißtreibenden Abend. Dafür jedoch ein atmosphärischer und blutiger Vampirfilm, der Kitsch und Prunk gleichermaßen einatmet und noch dazu den Vampir als Wesen mit Respekt behandelt und durch Dialoge wunderbar von der Massenansicht abkapselt. Und einige effektive Schocks gibt es als Beilage obendrauf.
“I assume I don’t need an introduction.”
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