Im Jahr 2015 wurde der Tod durch Kopfschuss von Chad Stahelski neu definiert. Und das sogar mit großem Erfolg! John Wick avancierte zum kleinen Genrekultfilm, kurbelte die Karriere von Keanu Reeves wieder an und expandierte in ein eigenes Universum. Ein Universum, das nun in John Wick: Kapitel 2 noch geiler funktioniert als im guten Vorgänger.
Natürlich verfolgen Stahelski & Leitch eine triumphierende Art über den Vorgänger und inszenieren ein waschechtes Sequel. Die Laufzeit ist umfangreicher, die Action noch durchgestylter und der Bodycount des ersten Filmes wird direkt in der ersten großen Actionszene getoppt. Doch neben der erneuten Ästhetisierung des Actionkinos nimmt sich John Wick: Kapitel 2 viel Zeit das Killeruniversum rund um das Continental zu zeigen. Waffen werden wir Wein, Speise und Dessert erworben, eine Ehrenkodex durch Blutmünzen verpflichtet zur Amtshandlung und ein Personenschützer ist gleichzeitig auch gnadenloser Rächer. Natürlich genügen auch zwei Stunden nicht, um jede Facette dieser umfangreichen Gesellschaft zu zeigen, doch es ist eine Welt in die man gerne eintaucht. Die verschiedenen Brüderschaften, die man hier bereits kennenlernen darf, könnten schließlich auch in einer finalen Schlacht in Teil 3 eine große Rolle spielen.
Ansonsten serviert man uns in John Wick: Kapitel 2 actiontechnisch wieder nur das Beste vom Besten. Werfen uns Chad Stahelski und David Leitch direkt zu Beginn in eine irrsinnige Kampfszene in einem Taxidepot, auch wenn nach diesem fulminanten Start erst einmal Ruhe einkehrt. Dafür dauert es nur wenige Sekunden um uns zu zeigen, wie viel harte Arbeit und blaue Flecken im Stunt-Team stecken. Keanu Reeves, der abgesehen von einem Autostunt wirklich alles selbst gemacht hat blutet, schreit vor Schmerzen und zeigt uns Gun-Fu, welches stundenlanges Training reflektiert. Von einer neondurchfluteten Disco geht es in John Wick: Kapitel 2 an exquisitere Szenarien (einen Höhepunkt findet man im Spiegelsaal im Finale). Alles ist farbenfroher, detailreicher und vor allem bombastischer ausgelegt. Das Finale nimmt sogar eine ganze Stunde ein.
Die Clubszene, die eigentlich das Finale in Teil 1 war, wird hier auf einem Underground Konzert zitiert und markiert dabei den Punkt der Eskalation. Denn selbst die Neudefinierung der Kopfschusstötung aus Teil 1 wird hier nochmals neu definiert. Beinahe artistisch werden Schädel zerschossen, die Hirnmasse fliegt durch die Umgebung bis man wortwörtlich im Matsch aus roter Lebensflüssigkeit und Brocken steht. Selbst die berühmte Erwähnung eines Bleistiftmordes findet hier nun seine explizite Anwendung. War es noch recht überraschend, dass John Wick trotz blutiger Gewalt und Selbstjustiz im Jahr 2015 eine Altersfreigabe ab 16 bekommen hat, ist es fast schon verwunderlich, dass John Wick: Kapitel 2 eine ungekürzte Auswertung bei uns bekommen hat mit Höchstfreigabe. Gewalt wird nicht nur ästhetisiert, sondern auch so dermaßen zelebriert, dass wir nichts als pure Freude empfinden werden Körper nur noch einem Nudelsieb ähneln.
Natürlich lebt der Film auch von seinem charismatischen Protagonisten. Keanu Reeves ist Feuer und Flamme für diese Rolle und erfüllt sie mit purer Freude, während Ian McShane und Lance Reddick mit großem Vergnügen ebenfalls mit von der Partie sind. Bei der riesigen Anzahl an Charakteren, die kaum größeres Profil bekommen, ist jedoch der Rangoutput hoch. Während Laurence Fishburne als Bowery King in nächsten Teil sicherlich noch eine größere Rolle spielen wird, ist erneut eine Charakterverschwendung die von Ruby Rose eingenommen. Wie in Triple X 3 oder Resident Evil: The Final Chapter handelt es hier erneut um eine oberflächlich toughe Gegenspielerin, die so sang und klanglos untergeht.
Kleinere Probleme hat sich John Wick: Kapitel 2 bei seinem Vorgänger in puncto Erwartungshaltung abgeschaut. Bereits die erste Szene toppt alles, was im Franchise bisher zu sehen war und nachdem die rasende Wut in einem überlangen Inferno auf einem Konzert in einem Konzert in Gang gesetzt wird, kommt kaum noch eine Actionszene an diese Intensität und Brachialität mehr heran. Sonderlich schlimm ist das hier jedoch nicht, denn im Finale sorgen andere inszenatorische Einfälle für Abwechslung. Aber das ist letztendlich „Meckern“ auf allerhöchstem Niveau, denn John Wick: Kapitel 2 ist ein Sequel, welches seinen Vorgänger mit Leichtigkeit übertrifft.
Brachiale Action und extreme Brutalität in einem Universum, dass im Gegensatz zu anderen drögen Nummern (Marvel, DC) Lust auf weitere Abenteuer macht. Ansonsten bleibt nur zu sagen, dass jeder Actionfan unbedingt zugreifen sollte. John Wick: Kapitel 2 bringt derzeit die beste Action aus den vereinigten Staaten und zaubert jedem ein fettes Grinsen ins intakte Gesicht. Auch Leute die den Vorgänger enttäuschen fanden, sollte sich an diesem Franchise nochmal versuchen, denn dieser Film ist einfach nur geil!
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