„Das Produkt ist König“, heißt es in David O. Russells neustem Werk Joy. Gilt das aber auch für den Film selbst?
Ähnlich wie bei David O. Russells vorherigem Film -dem zähen, komödiantischen Gangster-Drama American Hustle– schienen auch bei Joy einige Kategorien beim Oscar vorreserviert zu sein. Überraschenderweise war dies nicht der Fall. Lediglich Jennifer Lawrence war als „Beste Hauptdarstellerin“ unter den Nominierten vertreten. Dabei funktioniert Joy deutlich besser als Russells elffachnominiertes Werk.
Angelegt im Winter erzählt der Film die Geschichte der titelgebenden Joy, die sich im Chaos ihres Zuhauses um ihren im Keller wohnenden Ex-Mann, ihre zwei Kinder und deren Großeltern sorgt. In der Hoffnung, der Stress lege sich irgendwann, lebt sie über viele Jahre als eine solche Vollzeitmutter – bis sie sich ihr Haushaltsleben durch einen selbstauswringenden Mob vereinfacht und mit dieser Geschäftsidee eine Chance auf einen Ausweg aus dem ganzen Trubel sieht.
Joy schafft es ungemein gut den durchlebten Alltagsstress der Protagonisten durch die Leinwand spürbar zu transferieren. Dies funktioniert jedoch mehr durch die hervorragende Performance von Jennifer Lawrence als durch Russells Regiearbeit. Trotzdem macht sich dessen Stil wunderbar bemerkbar, besonders in den nicht linear erzählten Szenen. Intensität und Einfühlsamkeit sind dabei die am stärksten hervordringenden Elemente, die Joy in all seiner Ausführlichkeit transportiert. Das Storytelling wirkt dennoch passagenweise unausgeschöpft, was auf die erscheinbare, inhaltliche Leere zurückzuführen ist. Sonderlich bemerkbar macht sich diese zum Ende hin, bei dem die Strukturen der Aussagekräftigkeit zunehmend verblassen und es beinahe unklar bleibt, welches Motiv der Film durchgehend verfolgt. Eine gewisse Themenvielfalt ist rückblickend nämlich nicht vorhanden, welche als Begründung für die unausbalancierte Standfestigkeit anzunehmen sei. Zudem wird das Potential von medienkritischen Reflexionen nicht befriedigend ausgeschöpft und lässt den Ansatz einer anfänglich guten Konsumkritik urplötzlich fallen. Selbst eine ernsthafte Charakterstudie bleibt dem Zuschauer erspart, worauf der Film doch eigentlich hinarbeitet.
Genießbar ist Joy letzten Endes nur als lauwarme Tragikomödie, die ohne Jennifer Lawrences Darbietung und David O. Russells Inszenierungskünste nicht einmal sehenswert wäre. Auch wenn die nebencharakteristischen Leistungen und eine zusätzlich intensive Kameraarbeit durchweg gelungen sind, bleiben von der Erzählung nur die herzlichen, familiären Momente nachhaltig. Wunderlich bleibt unter diesen Aspekten seine Unbedeutsamkeit bei der ebenso lauwarmen Oscarverleihung – schließlich reicht der Film für einen gemütlichen Sonntagnachmittag vollkommen aus.
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