Er humpelt und hustet, schnaubt und ächzt. Nein, so einen Wolverine gab es noch nicht zu sehen. Bereits in den Auftaktminuten zu Logan – The Wolverine machen Regisseur James Mangold und seine Autoren unmissverständlich klar, dass der bekannte und beliebte Mutant des X-Men-Franchise in seinem dritten Solofilm nicht mehr viel von dem wortkargen, missmutigen Sonnyboy von früher zu tun hat. Er wirkt alt, gebrechlich und vor allem müde. Kein Wunder, nach dem das Metallskelett, dass ihm einst Wissenschaftler einpflanzten, seinen Organismen vergiftete und immer mehr in Mitleidenschaft zog, sind seine Selbstheilungskräfte mittlerweile nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Dieser neue, bzw. alte Wolverine, der seinen Kummer rund um den eigenen Verfall mit Alkohol runter spült, wirkt wie ein Relikt und somit auch wie ein klassische Blaupause aus dem uramerikanische Western-Genre. Er ist verbittert, müde und will doch eigentlich nur seinen Frieden finden. Aber Sorgen und Verpflichtungen erlauben es ihm nicht loszulassen, denn in Logan – The Wolverine sind die X-Men nur noch Abenteuergeschichten, festgehalten in bunten Comicheften und sein Mentor Charles X. Xavier nähert sich seinem Ende und erweist sich durch seine Demenz als gefährliche Waffe. Nein, mit dem grimmigen Helden von einst hat dieser Wolverine nur noch den Namen gemeinsam. Selbst seine Adamantium-Krallen funktionieren nicht mehr so wie einst.
Das Setting des wohl letzter Auftritts von Hugh Jackman passt da perfekt: Weitestgehend spielt der Film in der Wüste oder ländlichen Passsagen und wenn das Script die Protagonisten einmal nach Las Vegas bringt, wirken sie dort fern und fremd. Noch mehr als in anderen X-Men-Vehikeln ist Wolverine hier ein Ausgestoßener, der dazu mit dem Alter und seinen schwindenden Kräften einiges von seinem Glanz eingebüßt hat. Hier geht es nicht mehr um wilde Effektszenen die Spaß evozieren sollen. Dieser Film ist ein Abschied und er wird mit Bitterkeit vollzogen. Das spiegelt sich vor allem dann wieder, wenn Regisseur Mangold Action einsetzt. Diese ist rau und hart. Gliedmaßen werden abgetrennt, Blut spritzt, der Tod ist allgegenwärtig.Und dennoch sind solche Szenen selten. Der Fokus liegt klar auf dem Titelhelden und seine Verbindungen zu seiner Vergangenheit, Professor X, dem Wissen dass sein Leben im Schlussakkord angekommen ist und der mysteriösen Laura, auf die Logan plötzlich acht geben muss und die ganz klar, die gesamte Handlung erst richtig ins rollen bringt. Denn hinter ihr sind finstere Gestalten her, die ohne Scheu und Reue ihre Ziele verfolgen und Wolverine mehr als einmal in die Ecke drängen.
Dass sind dann die Momente, in denen Mangold seinem Publikum Action serviert und diese Action ist nicht nur wie eben beschrieben recht blutig, nein, sie ist auch eine Wohltat. Nicht im Kontext zur sehr bedächtigen Erzählweise des Films, sondern im Kontext zu anderen Superheldenfilmen. Trotz Mutantenkräften wirken die Scharmützel nämlich erfrischend geerdet, rau und – ganz wichtig – entscheidend. Die wohl größte Stärke des Films ist einfach dieses herrliche Gefühl, was Mangold beschwört: Endlich ein Superheldenfilm, in dem es wirklich um etwas geht. Es gibt eine Geschichte, die nicht nur dafür existiert ein neues oder bestehendes Franchise-Universum einzuführen oder immer weiter aufzubauen. Es gibt keine Cameos und selbst die Hinweise auf frühere Filmauftritte von Logan und Konsorten werden ohne Holzhammereinsatz abgehandelt. Es tut einfach so unbeschreiblich gut, nach all den Jahren einen Superheldenfilm zu erleben, der wirklich an seiner Figur interessiert ist und das nicht nur aus einen ökonomischen Antrieb.
Logan – The Wolverine ist wie eine finale Arie, die sich kohärent weigert den Größenmaßstab früherer Franchise-Ableger nach zu eifern. Alles hier wirkt kleiner, intimer aber eben auch intensiver und durchdachter. Das könnte einige Zuschauer gewiss stören, denn der Film ist teils wirklich unglaublich langsam in seiner Narration und zum anderen ist er auch kein Action-Festival. Gigantische Schlachten, Explosionen und massive Feuergefechte gibt es hier nicht. Ebenso wenig ist Logan – The Wolverine ein Splatterfilm. Ohne Frage, hier geht es brutal zu, aber Mangold inszeniert die Gewalt niemals als eigentliche Zweck. Sie ist schlicht und ergreifend einfach das, was den Film letztlich so gut macht: Sie ist pure Konsequenz. „Logan – The Wolverine“ erweist sich als bitterer Abgesang eines alten und müden Mutanten.
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