Clint Eastwood-Retrospektive #5
Western sind wohl gerade dann besonders interessant, wenn sie nicht einen namenlosen Fremden in einem unterdrückten Dorf zeigen, sondern sich dem bekannten Plot abwenden. Bei Der Texaner ist es sogar ein namentlich berüchtigter Revolverheld, der den Protagonisten formt. Doch nicht nur das: Politik und gesellschaftliche Loyalität werden mit Spannung in Frage gestellt.
Im innersten Kern ist Clint Eastwoods Spätwestern ein bitterböser Rachefilm, der die restlichen Antriebe eines vom Hass erschütternden Mannes zentriert. Nachdem in einem beeindruckend gefilmtem Intro der familiäre Verlust von Josey Wales vertieft wird, tritt vorerst das politische Wesen des Filmes in leibhaftiger Präsenz auf. Dort werden die Konsequenten des Amerikanischen Bürgerkrieges verarbeitet und beweisen die beispielhafte Formalität Eastwoods. Danach scheint diese Ebene des Inhaltes verschwunden zu sein, doch wird sie als Selbstverständlichkeit und somit defensiv in die Geschichte involviert; Letztlich ist es ein Indiana, der die Komplikation der Verstaatlichung verkörpert. Mit diesem Mittel spielt Der Texaner überaus kompetent, ohne ihn als befremdliches Glied im Film wirken zu lassen.
Das Gefühl, alles bereits irgendwo gesehen zu haben, verteilt sich geradezu über die gesamte Laufzeit. In gewisser Weise ist es auch verständlich, da Eastwood bei seiner Zusammenarbeit mit Sergio Leone dem Western-Gerne mit subtilem Stil begegnet ist. So sind es eine Handvoll Szenen, die der Art der Spannung, wie sie u.a. in Zwei glorreiche Halunken aufzufinden ist, sehr nahe kommt. Trotzdem, und das ist ein großer Pluspunkt für Eastwoods inszenierte Erzähltechnik, sind Unterhaltung und Spannung zu jeder Zeit präsent. Damit bietet Der Texaner, trotz abgekupferter Inszenierungsqualitäten, packendes Westernkino mit so manch denkwürdigen Szenen.
Aber Vorsicht: Gewaltausbrüche und großvisualisierte Action sind eher eine Ausnahme, da der Outlaw Josey Wales durch seinen Kampf mit der Liebe und der Menschlichkeit den Film zu einem tiefgreifendem Drama formt. Dass Eastwood solch eine Vision vom Western bedingungsvoll und einzigartig umsetzen kann, ohne im Detail zu scheitern, bewies er knapp 15 Jahre später mit seinem Meisterwerk Erbarmungslos. Geduld ist letztlich nicht nur Eastwoods markanteste Form des Erzählens, sondern sogar seine Geheimzutat zu einer ausreifenden Filmographie.
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