Lange schon durften sich Schaufreudige der gruseligen Unterhaltung auf eine versprochene, zweite Verfilmung von Stephen Kings Horror-Roman Es freuen, welcher bereits 1990 als über dreistündige TV-Fassung zu sehen war und heutzutage Kultstatus genießt. Umso erfreulicher ist es, dass Es pünktlich zum 27-Jahre-Rhythmus mit einem R-Rating die Leinwand betritt.
Um der Ausführlichkeit der Romanvorlage gerecht zu werden, hat man sich auch bei dieser Filmfassung für einen Zweiteiler entschieden, von dem der finale Part um das Erwachsenenleben der Protagonisten für 2019 angesetzt ist. Folglich thematisiert der neu im Kino erschienene Teil ausschließlich die Jugendelemente der Geschichte, die vorlagetreu mehr Platz einnehmen als der geschminkte Spuk.
Jener ausgewogener Mix aus Coming of Age und Horror findet mit Glaubhaftigkeit seine eigene Atmosphäre und Stimmung. Besonders die Ausschnitte aus dem realitätsnahen Alltag der Kids berührt auf eine angenehm-melancholische Weise, die dem Geist von Stand by Me überraschend nahe kommen. Zum Glück sympathisieren dabei die Jugenddarsteller in vollem Glanz und erweisen für ihr junges Alter beachtliche Leistungen. Das ist bedauerlicherweise jedoch nicht der Grund, wofür die Mehrheit in diesen Film geht. Schließlich sind wir hier bei den gottverdammten 31 Days of Fright.
Die Szene des mit gelben Regenmantel bekleideten Jungen Georgie, der am Rande der Straßengullys sein Papierboot hinterherjagt, war schon immer die Vorzeigeszene von Es. Anders war es bei der Werbekampagne der Neuverfilmung nicht. Doch sollten Zartbesaitete sich hierbei lieber auf ein abstoßend brutales Intro vorbereiten, das das 16er-FSK-Siegel erheblich in Frage stellt. Besonders, da in dieser Szene gelungen mit den Erwartungen der Zuschauer und der Vertrautheit zur ’90er-Szene gespielt wird, wirkt der pointierte Ausbruch geradezu gnadenlos. An dieses Maß sollte man sich jedoch nicht zu schnell gewöhnen.
Ganz klar ist die Unterhaltung, wie zu erwarten, einem Massenpublikum ausgelegt, das ebenso viel Jump-Scares wie Humor benötigt, um die Stimmung im Saal bei Laune zu halten. Zugegeben, die auflockernden Sprüche erfüllen ihren Zweck, ohne sonderlich mechanisch oder erzwungen zu wirken. Anders ist es bei den Pennywise-Szenen, die vollkommen zusammenhangslose, zum Teilen fürs Internet vorgefertigte 1-Minute-Clips sind. Münden tun selbstverständlich alle mit lautstark dröhnenden Schockeffekten, die oftmals die sich gut aufbauende Atmosphäre auflösen lassen (siehe Garagenszene).
Zum Vorteil der Fans ist deutlich mehr Grusel und Brutalität aufzufinden, als in der TV-Version von Es. Jener Grusel funktioniert an manchen Stellen überaus gut, ganz besonders in dem erschreckenden Intro, doch sind die mehrheitlichen Szenen eher episodenhaft und viel zu schematisch. Darüberhinaus schafft der Film keinen Spuk in den Köpfen der Zuschauer, was mit Vertiefung der verdammten Kinderseelen großartig fuktioniert hätte. Dafür strahlen die Coming of Age-Elemente mit hervorragenden Schauspielern. Damit sei abzuwarten mit welchen Qualitäten uns die Fortsetzung überraschen wird.
Empfehlenswert für Halloween, weil die erschreckenden Clips und mutterdissenden Sprüche definitiv ihren Spaß machen. Es ist ein Horror-Blockbuster für ein lauthalsiges und eingestimmtes Publikum.
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