Clint Eastwood-Retrospektive #31
Hatte Eastwood mit Gran Torino noch sein Magnum Opus abgeliefert, bekommen wir mit Hereafter erste Zerfallserscheinungen, spiegelt sich hier nun überhaupt keine koordinierende Weltklasse ein, die wir von ihm eigentlich gewohnt sind.
Dabei ist es vielleicht wichtig, direkt die Richtung des Filmes vorzugeben. Wer sich Hereafter in den Player schiebt und einen intensiven Diskurs über das Leben nach dem Tod bzw. mit der Frage ob ein Leben nach dem Tode überhaupt existiert, der sollte direkt einen ganz ganz großen Bogen um diesen Film machen. Hereafter ist ein lupenreiner Crowdpleaser, der sich lieber auf die manupilerenden Einzelschicksale und generischer Dramatik verlässt, anstatt sich mit einer umfangreichen Thematik auseinanderzusetzen. Nach einem opulenten Beginn in Form eines monströsen Tsunamis schreibt Eastwood sein Narrationstempo einige Gänge zurück und konzentriert sich auf ruhigem Melodram durch Aufzeigung der Einzelschicksale und dem was sie alle miteinander verbindet.
Diese „Episoden“ widerspiegeln alle einen schweren Lebensabschnitt der Trauer, doch gibt die Inszenierung keinen Charakter und lässt sie als die üblichen Stereotypen am Rand stehen. Eine Frau, die bei einer Katastrophe kurzzeitig ohne Lebenszeichen war, ein Junge der seinen Bruder verliert und ein Mensch, der die Gabe hat mit Verstorbenen Kontakt aufzunehmen, dieses jedoch für einen Fluch hält. Das klingt interessant, bietet gelegentlich interessante Ansätze doch biedert sich so dermaßen einer breiten Masse an, damit auch jeder Zuschauer immer den roten Pfaden vor Augen hat. Thematisiert die Geschichte im titelgebende Namen eigentlich „Das Leben danach“ ist die Inszenierung eher damit beschäftigt Matt Damon zu folgen, der aufgrund seiner Gabe sozial- und beziehungstechnisch eher inkompatibel ist (zumindest hat er diese Ansicht) und plötzlich auf die beiden gebrochenen Seelen trifft. Dann gibt es hier und dort einen kleinen Diskussionsaustausch, die Gabe kommt zum Einsatz und es blitzen tatsächlich einige Antworten auf, die jedoch nur für einen kleinen Moment den Film bestimmen.
Der größte Fauxpas passiert nämlich am Ende, wenn auch wirklich jeder Zuschauer kitschig berieselt mit einem breiten Grinsen den Fernseher ausmachen darf, da ja alles wieder gut wird. Hereafter gibt keine Antworten, was vielleicht nie die Intention war aber wen man eine so interessante Thematik gegen ein kitschiges Melodrama mit leichtem Fantasyeinschlag austauscht, steht die Enttäuschung bei jedem Menschen mit den falschen Erwartungen merklich ins Gesicht geschrieben. Kein Film für das philosophisch-spirituelle Seminar, sondern eher für einen entspannten Abend mit Freundin/Freund und einem Glas Rotwein. Zu schade nur, dass dieses Umdenken diesen Quatsch auch nicht besser macht. Die größte Enttäuschung ist jedoch, dass dieser Film von jedem Regisseur hätte sein können, denn hier gibt es nicht, dass irgendwie die Raffinesse von Eastwood widerspiegelt.
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