Clint Eastwood-Retrospektive #33
Mit Musik setzte sich Clint Eastwood in seiner Vita schon öfter auseinander, inszeniert Honkytonk Man und Bird, sowie eine Episode für Piano Blues. Waren seine Filme von Beginn an nur in Sonderfällen unterdurchschnittlich, nach 1992 bisweilen sogar richtig großartig, lässt sich nun in den ausklingenden Jahren leider ein eindeutiger Rückschritt feststellen.
Jersey Boys ist die gleichnamige Adaption des Jukeboxmusicals vom Broadway in New York, doch ist Eastwood nicht daran interessiert nach den Mechaniken des Musicals zu arbeiten und eine lockere Abfolge von fluffigen Popsongs zu bieten. Jerseys Boys ist ein waschechtes Biopic geworden, dass sich durchaus mit der Musik der Four Seasons auseinandersetzt und auch einen Großteil der Songs spielt; im Vordergrund steht jedoch die Geschichte von vier Musikern die aus den Fängen des Garden States herausbrechen wollten, um mit ihrer Leidenschaft Geld zu verdienen. Doch wie es üblich ist für die Rise and Shine Geschichte, kommt mit Reichtum auch die Gier und charakterliche Veränderung. Sobald einem alle Türen offen stehen, man sich keine Sorgen mehr um die Preisschilder auf Kleidern, Essen oder Autos kümmern muss, die Liebe zum Partner nichtig wird, da sich tausende Groupies nach dir verzehren ist es vorbei mit der Bescheidenheit.
Problem bei Jersey Boys ist es jedoch, dass sich in der Handlung kaum Sympathieträger bewegen und das Geschehen so kühl distanziert erzählt, dass einem die Schicksale ohnehin scheißegal sind. Ein Biopic muss nicht zwingend das Rad neu erfinden (auch Straight outta Compton hatte seinen klischeehaften Ablauf, wurde jedoch mit Druck und Emotionalität präsentiert), doch Jersey boys verfehlt es nahezu völlig den Zuschauer zu erreichen. Charaktere vollziehen Handlungen die nicht erklärt werden, vollziehen Wandlungen die nicht vorbereitet werden und die Inszenierung stürzt sich in Nebenhandlungen, die oftmals Emotionen erwecken sollen. SPOILER! Frankies Tochter beispielsweise wird immer nur in kurzen Zeitausschnitten gezeigt, ist plötzlich volljährig, singt, hat nach Streiterein ein klärendes Gespräch, dass beiden Parteien wieder Mut und Liebe zuschustert und direkt danach ist Francine tot. SPOILER ENDE.
So beschäftigt sich die letzte Dreiviertelstunde sowieso nur noch mit der Demontage der Band-Beziehungen und wandelt sich zu einer komplett pessimistischen Seite hin. Jersey Boys verfolgt zwar interessante Ansätze und versucht diese teilweise auch umzusetzen, doch endet leider in einem unbefriedigenden Biopic, dass es nicht schafft mitzureißenden. Die trockenen 134 Minuten werden zwar gelegentlich mit leichtem Witz untermalt und laden mit einigen Nummern zum mitswingen ein, denn letztendlich bleibt hier zu wenig im Kopf um noch lange nach Sichtung zu beschäftigen. Für Fans der Four Seasons sicherlich einen Blick wert, der Rest verpasst nichts weltbewegendens!
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Warner Bros.