Es sind die kleinen, unscheinbaren Independent-Filme, die jedes Mal aufs Neue überraschen. Während das aktuelle Kinojahr bislang recht gemischt war und nicht durchgehend überzeugen konnte, waren es letztlich die Geheimtipps, die einen bleibenderen Eindruck hinterließen als das hochangepriesene Blockbuster-Programm (mit klarer Ausnahme von Blade Runner 2049). Letzte Woche startete das britische Psychodrama Lady Macbeth in den Kinos. Dieses gehört ebenfalls zu der diesjährigen Geheimtipp-Reihe.
Die sparsamen, limitierten Locations des Historienfilms sind beinahe an einer Hand zu zählen. Einen stilistischen Sinn hat dieses Vorhaben allemal: Nachdem Katherines unbehaglicher Ehemann sie über unbestimmte Zeit allein mit seinem Vater und den Dienstmädchen im großen Anwesen lässt, ist die unglücklich Verheiratete endgültig sozial isoliert. Schließlich beginnt sie eine Affäre mit Sebastian, ein Arbeiter aus dem Dorf, und spielt immer mehr mit dem Feuer. So ist es ihr Schlafzimmer, das als einziger Rückzugsort vor ihrem Stiefvater und einem möglichen Skandal dient. Der angespannte, erzogene Ton, sowie die authentische Ausstattung und Kostümierung schaffen damit ein intimes Kammerspiel mit Gespür für die lebensstilistische Atmosphäre des 19. Jahrhunderts.
Es ist eine klassische Geschichte um Intrigen, die trotz Konventionen durchaus auch mit den Erwartungen zu spielen weiß. Die Literaturvorlage ist dabei aufgrund der Umsetzung als recht trocken einzuschätzen. Der Film besitzt dafür das, was das Buch nicht hatte: Eine unglaubliche Hauptdarstellerin. Ihr, der jungen Florence Pugh, sei zweifellos eine große Karriere zu wünschen. Sie verfügt über geradezu finsteren Charme, der sie trotz aller amoralischen Handlungen zur vollkommen funktionierenden Identifikationsfigur macht. Nicht nur Sebastian verfällt ihr, sondern ebenso der vom Film eingenommene Zuschauer.
Die vielen kleine, wirkungsvollen Momente machen Lady Macbeth zu einem ganzen Stück Indie-Perle. Dass das Psychodrama keineswegs viel gekostet haben kann ist zwar bemerkbar, doch verursacht es keine deutliche Schwächung bei seiner Intensität. Eine klare Empfehlung für alle, in deren Nähe der Film zu sehen ist.
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