Der französische Wissenschaftler Jean-Charles Pommier wird in Los Angeles vollkommen traumatisiert in ein Hospital eingeliefert. Doch was war es, dass dieser vom Nomadenvolk begeisterte Mann erlebt hatte, das solch einen Schock zur Folge hatte?
„Nomads“ beginnt herausragend. Die Herangehensweise an die Frage, was Jean-Charles Pommier in den Wahnsinn trieb, ist dabei eine Erzählung in Form einer geistigen Vision einer der Krankenschwestern, die nach und nach psychisch sowie physisch die Ereignisse und Situationen Pommiers rekapituliert. Dabei ist insbesondere das Mysterium, welches Regisseur John McTiernan um das Nomadenvolk errichtet ausschlaggebend für eine erstklassige, charmante und wenig konventionelle Atmosphäre, die durch regnerische, im 80er-Look aufgenommenen Bilder und einem klimpernden Soundtrack unterstützt wird. „Nomads“ verzichtet dabei auf klassische Schockeffekte und Jump-Scares, verlässt sich lieber auf intelligenten, nicht auf billigen Nervenkitzel ausgerichteten Grusel.
Doch was als psychologische Horrorstory mit hochinteressantem mythologischem Hintergrund beginnt endet in einem visuell betörenden, abstrakten Rockerfestival mit Mindfuck-Garantie. An dieser Stelle werden sich wohl auch die Meinungen über „Nomads“ spalten, denn dass diese Entwicklung der Story sehr speziell, wenn auch in einem gewissen Maße einzigartig ist, lässt sich nicht abstreiten. Nach und nach wird die Mythologie mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt, an ihre Stelle treten Punker-Frisuren und Rockmusik. Die anfangs lediglich unheimlich dichte Atmosphäre weicht nun der eines hirnanstrengenden Psychothrillers, dessen Intention sich dem Zuschauer allerdings nicht so recht offenbaren will. So lässt diese recht überraschende Entwicklung zwar jede Menge Spielraum für mögliche Interpretationen, doch McTiernan vergisst leider, den ein oder anderen Denkanstoß mit in sein Werk einzubauen, sodass das Endprodukt ein äußerst rätselhaftes und nur schwer zugängliches Projekt eines späteren Actionregisseurs ist. Trotz berühmter Darsteller, in der Hauptrolle beispielsweise Pierce Brosnan, schafft es keiner der Akteure wirklich in die ihm zugedachte Rolle zu schlüpfen, sodass insbesondere dem damals noch sehr jungen Brosnans sein Schauspiel nur schwer abzukaufen ist, was sich nicht gerade positiv auf das Endergebnis auswirkt.
Dass „Nomads“ schon damals die Gemüter spaltete scheint, angesichts der sehr durchwachsenen zeitgenössischen Kritiken, einer der Gründe für McTiernan zu sein, sich in seiner späteren Karriere doch lieber einem anderen Genre zu verschreiben. Doch ohne „Nomads“ wäre ihm diese Laufbahn wohl nie geglückt, denn ausschlaggebend für seine Verpflichtung als Regisseur von „Predator“ war die Begeisterung Arnold Schwarzeneggers von den direktorischen Fähigkeiten McTiernans, die er bereits in „Nomads“ eindrucksvoll zur Schau stellte.
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