Kleine Independent-Filme scheinen sich oft aufgrund ihrer Schlichtheit den Weg zu etwas Größerem zu versperren, könnte man im Vergleich aufwändig inszenierter, kostenintensiver Großproduktionen der Filmbranche meinen. Jim Jarmusch versucht diesen Gedanken fortlaufend zu widerlegen und trifft jenes Ziel in seiner Kleinstadt-Erzählung Paterson mit respektabler Präzision.
Ganze sieben Tage wird ein Einblick in das Leben Patersons gewährt. Gemeint ist damit sowohl der von Adam Driver fantastisch gespielte Busfahrer, als auch die träumerische Stadt als Handlungsort selbst. Jeder Tag scheint, oberflächlich betrachtet, von totaler Monotonie befallen zu sein. Doch die wahren Besonderheiten liegen in den Details und stetigen Unterschieden. Neuland ist dieser Gedanke selbstverständlich keines Wegs, doch Jarmusch präsentiert diesen in völlig neuer Form. So widerspricht er vielen Werken mit ähnlicher Thematik, die normalerweise den „Ausbruch aus dem Alltag“ moralisieren und somit winzig kleine, persönliche Revolutionen anstiften. Dieser Gedanke, wie er in Und täglich grüßt das Murmeltier mit bestem Scharm und Humor vorgeführt wurde, wird zwar in geringem Maße angedeutet, doch interessanter Weise letztlich übergangen. Schließlich mag Paterson seinen Rhythmus und weiß ihn ebenfalls zu gestalten.
Das kleine, warme Zentrum bietet sein abendlicher Gang zur Bar, wo pure Gelassenheit von beruhigendem Blues und umhüllenden Lichtern eingebettet wird. Ja, die Highlights des Filmes sind die Momente der Entspannung des Protagonisten. Das klingt nicht nur nach der vollkommenen Effektivität Jarmuschs grundgedanklicher Stilistik, sondern intensiviert das eigene Teilnahmegefühl der Ausgeglichenheit. Tagsüber nimmt diese Positionen die Poesie ein, welche aufgrund ihrer lyrischen Gestaltung vielleicht nicht allzu ansprechend sein mag. Der Wert und die Wichtigkeit dieser künstlerischen Entfaltung für den Protagnisten ist trotz alledem spürbar und zugleich inspirierend für den persönlichen Umgang mit der Kostbarkeit freier Zeit.
Vielleicht mag es ein wenig anstrengend erscheinen, seine Freizeit mit einem Film zu verbringen, der die tagtäglichen Konventionen jedermanns reflektiert, zudem der minimalistische Humor eine komplett ungewürzte Note besitzt. Und doch sieht man innerhalb dieses Beispiellebens die Dankbarkeit für ein Gefühl der Sicherheit, für die unzähligen, kleinen Erlebnisse jedes einzelnen Tages und für die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Nähe, völlig egal, wie persönlich mit ihr in Kontakt getreten wird. Dass wir uns sogar die gesamte Laufzeit über selbst beobachten, zeigt uns Jarmusch in einer im Kino spielenden Szene, in der Paterson genauso zur Leinwand sieht, wie wir es selbst in diesem Moment tun. Ob uns diese Feststellung der Parallele unangenehm, amüsant oder gleichgültig erscheint, sagt letztlich mehr tausend Worte aus.
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