31 Days of Fright – Tag 27
Die Kinder in den ersten, gefühlt besonders weichgezeichneten Minuten des Films speien ununterbrochen denselben Satz im Chor heraus: „Killers are coming!“. Sieht man, was das vom Meisterwerk „Halloween“ begründete Slashergenre in den Achtzigern noch hervorbrachte, sollten sie Recht behalten; die Maskenmänner hackten und schlitzten fleißig. „Prom Night“ erschien 1980 und profitiert deutlich davon, die Regeln dieser sympathischen Filmgattung nicht vollständig verinnerlicht zu haben.
Ein junger Epigone also. Und als solcher eigentlich „brav“ und augenscheinlich konventionell; die eingangs erwähnten Kinder verantworten in der Eingangssequenz den Tod eines Mädchens. Ihr Schwur, Stillschweigen zu bewahren, kann im Teenager-Alter selbstverständlich nicht ohne tödliche Folgen bleiben. Unter der vielseitigen Regie von Paul Lynch bewahrt sich „Prom Night“ dennoch eine gute Portion Idiosynkrasie.
Es ist so, als würde „Prom Night“ in einem ständigen zeitübergreifenden Dialog mit den „Großen“ der Filmgeschichte stehen (vielleicht hat sich James Cameron eine Einstellung abgeguckt) und ist trotzdem ein echtes Kind seiner Zeit. Die „Halloween“-Dramaturgie, die sich nach dem Anfangs-Albtraum sehr zurücknimmt und eine lange Ouvertüre aufzieht, die später zum Finale bittet. Auch Jamie Lee Curtis kehrt als „Final Girl“ zurück. Lynch hat sich vielleicht von seinem Namensvetter beeinflussen lassen, denn er benutzt die Genre-Beats zur umfassenden Perspektivumschichtung. Zwar nur ganz leicht, aber das reicht zum verblüfften Taumel.
Nicht umsonst verteilt der Mörder herausgerissene, alte Jahrbuchfotos mit angeklebten Spiegelscherben – Spiegel sind sowieso überall, Kim (Curtis) hat sogar zwei im Zimmer hängen. Obwohl Final Girl, gerät Kim im Lauf des Films merkwürdig aus dem Fokus der Erzählung. Wir werden am Ende verstehen, warum. Lynch strengt ein Konglomerat von Regie-Taktiken an, das nicht nur auf mikroskopischer Ebene funktioniert (die Scherbe, mit der der erste Mord geschieht, ähnelt dem „Disco Fever“-Blitzlogo), sondern auch die Architektur der Highschool-Gänge und Räumlichkeiten mit Antonioni’scher Genauigkeit einführt und eine Inventur der (Nicht-)Fluchtpunkte vornimmt, bevor das Schlachten losgeht. Zwischendrin gibt es assoziative Schnittgewitter und Close-Ups, die den Giallo in Erinnerung rufen.
Von allen Dingen im Film geht diese merkwürdige Weichzeichner-Korona aus, wie im Traum, der gemäß seiner Logik im Disco-Showdown mündet, in dem der schwarz gekleidete (und ziemlich unbeholfene) Killer mit glitzernder Maske und Beil zum Tanz auffordert. Die sich anbahnende Reagan-Ära, „New Conservatism“ und Körperkult verrührt Lynch, ohne sich auf ihre Regeln und Prüderie einzulassen, zu einem Fiebertraum. Aus dem der Killer aufweckt und erinnert, dass es abseits von oberflächlichen Teen-Problemchen auch existenzielle Dinge gibt.
Empfehlenswert für Halloween, weil: Die pure Slashermagie.