Das New Black Cinema schien in den 2000er Jahren seine beachtliche Präsenz verloren zu haben. Nun, dank Filmen wie Moonlight, Get Out, BlackKklansman oder Black Panther, ist es wiedermal auf Hochtouren. Ein weiterer Beweis dafür ist das Regiedebüt Queen & Slim von Melina Matsoukas.
Die Neuinterpretation von Thelma & Louise beschäftigt sich diesmal um die Polizeigewalt in den USA, ganz besonders gegenüber Schwarzen. Nachdem Slim sein Tinder-Date Queen am Ende des Abends nachhause fahren möchte, wird er von einem Polizisten angehalten. Schnell eskalierten die Situation und Slim erschießt den Gesetzeshüter in Notwehr. Erst dann setzt der Vorspann des Filmes ein und zeichnet an diesem Punkt bereits eine beeindruckende Intensität aus. Denn man weiß, auf welchen Plot man sich einlässt, wenn man diesen Film sieht. Und die Tötungsszene wurde auch bereits im Trailer ausführlich gezeigt. Umso faszinierender ist die unerträgliche Spannung jeder Szene, die bereits dort versichern lässt, dass der Thriller nicht nur bei der Erstsichtung funktionieren könnte.
Tatsächlich schafft der Film jene Spannung in hohen Maßen beizubehalten – und das bei einer Laufzeit von 133 Minuten. Es passiert im Grunde genommen auch nicht viel in diesem Film, außer dass die Zwei die ganze Zeit auf der Flucht sind. Doch Matsoukas, oder besser gesagt die Drehbuchautorin Lena Waithe, führt genug Diskussion, die wichtig und relevant sind, dass die vielen verschiedenen Begegnungen, die sie während ihrer Fahrt durchs Land haben, ein für sich sprechendes Kollektiv bilden. Es handelt über Einflüsse, Gegenströme, Meinungsmacher – Themen, die in Zeiten von Instagram und Twitter ein wichtiger Teil unserer Welt sind. Und dafür nimmt Queen & Slim kein Blatt vor den Mund. Ganz im Gegenteil: Er quält uns mit Realitätsparallelen, die alles andere als erträglich sind. An diesem Punkt sollte die FSK 12-Freigabe ebenso stark in Frage gestellt werden, wenn sogar ich mich persönlich noch zwei Tage später mehr mit dem Film beschäftige, als mir lieb ist.
Eine wichtige Anmerkung sei vor allem, dass sich der Film sichtlich mit der Black Cinema-Strömung identifiziert. Das verlangt vielleicht das ein oder andere Umdenken der Sehgewohnheiten mancher Zuschauer, denen die Movement-Rufe in diesem Film etwas befremdlich vorkommen könnten. Doch Queen & Slim ist schließlich ein politischer Film, je tiefer er in seine bzw. unsere Welt bohrt. Und wer sich auch nur ein wenig mit der amerikanischen Politik und Justiz auskennt, dem sei der Ernst der Lage jener zwei Protagonisten und deren aussichtslose Grundstimmung während der gesamten Laufzeit bewusst.
Einen einzigen Abstrich könne man bei der Charakterzeichnung von Slim machen. Diese wirkt etwas zu flach, besonders gegenüber von Queen. Doch zum Glück wurde die Rolle mit dem fantastischen Daniel Kaluuya besetzt, der wiedermal eine wahnsinnige Wucht fabriziert. Alles andere als zweitrangig ist in diesem Zusammenhang seine Kollegin Jodie Turner-Smith, deren Rollenname zurecht als erster im Titel steht. Eine Schande ist es, dass sie bei den diesjährigen Oscars unerwähnt bleibt. Doch nicht nur das: Der gesamte Film erhielt keine einzige Nominierung von der Oscar-Jury, womit wenigstens zu hoffen bleibt, dass er bei den Black Reel Awards abräumen wird. Bis dahin dürfen wir uns mit dem starken Soundtrack des Filmes beschäftigen, der neben seinen fantastischen Hip-Hop-, R&B- und Soul-Einlagen einen neuen Originalsong von der großartigen Lauryn Hill zum Vorschein gebracht hat.
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