Vor nostalgischer Ruhrpott Kulisse, großschnäuzigen Bierfanatikern und schmucken Damen wollen Mücke & Co. endlich erwachsen werden und versuchen sich in Tanzkursen & Co. in der Damenwelt bekannter zu machen. Klar ist das abgeschaut von etlichen Coming of Age Filmen aus den Vereinigten Staaten und natürlich der Verlauf der Geschichte zum Schluss klischeebelastet, was dem monströsen Spaß den man mit dieser Rasselbande hat allerdings auch nicht schmälert. Getreu dem Motto „Kannste so machen, musste aber nicht“ stürzt sich Radio Heimat in einem Affentempo durch sketchartige Anekdoten und Situationskomik. Erzählt aus der erwachsenen Perspektive von Frank bekommen wir die Geschichte seiner Eltern und seiner Jugend erzählt.
Denn für die Jungs gibt es neben der Liebe zur Omas Frikadellen und jede Menge Bierchen in den Freistunden auch ordentlich Druck im Rüssel, nur sind die Jungs eben viel zu verpeilt ordentlich bei den schönen Mädchen anzukommen. Frank ist zu schüchtern, Pommes´ Haare glänzen so sehr wie der beliebte frittierte Kartoffelsnack, Spüli ist gar nicht so interessiert am weiblichen Geschlecht und Mücke mimt das Alpha-Männchen und ist selbst auch nur ein armes Würstchen. Also hilft alles nichts und die Inszenierung nimmt uns mit auf den Entwicklungsprozess mit jede Menge dummen Sprüchen und echt gut funktionierenden Brüllern. Der Aufbau von Radio Heimat scheint jedoch nicht ganz zu harmonieren wie das Darstellergespann. Am besten ist es, man teilt ihn in zwei Hälften und versucht diese nicht zwingend zu einem Gesamtwerk zu forcieren.
Dominieren in den ersten 50 Minuten noch Wortwitz, Brachialhumor und der bereits erwähnte Sketch-Humor in denen merkwürdige Ereignisse und Anekdoten in Form von kurzen Filmen visualisiert werden, geht es danach auf Klassenfahrt auf der die Jungs, neben Kontakt zu Mädchen eben auch ihre eigentlich Menschenkenntnis noch einmal überdenken. Es kommt nicht auf die oberflächlichen Reize an, auch Humor muss man haben und so zählt man 1 und 1 zusammen und was bereits im Vorfeld offensichtlich war tritt selbstverständlich auch ein. Zu schade nur, dass in dieser Phase kaum Zeit ist für eine charakterliche Weiterentwicklung ist und die Verwandlung bei Frank beispielsweise vom schüchternen Lockenkopf zum erwachsenen Bad-Boy so urplötzlich kommt die Geschichte in die aufklärende Bahn gelenkt wird. Dem Gesamtbild nimmt diese Unstimmigkeit jedoch nicht das Salz aus der Suppe oder eher gesagt dem Speck aus der Bulette, denn die 84 Minuten vergehen wie im Fluge und der zeitorientierte Soundtrack ist allererste Sahne.
Im Kino hat sich natürlich deutschlandweit wieder keine Sau für Radio Heimat interessiert, da trotz etlicher Stars wie Heinz Hoenig, Stephan Kampfwirth oder Martin Semmelrogge kein Schweiger, Schweighöfer und Co. als Zuschauermagnet fungieren konnten. Das ist letztendlich aber auch besser, ist Radio Heimat doch zweifelsohne besser als alle Filme die beide Konsortien in den letzten 10 Jahren gemacht haben. Und da haben wir doch mal wieder den Beweis: Scheinbar können wir es ja doch! Trotz leichter Anleihen am amerikanischen Coming of Age eine gute Mischung aus Spaß, Retro und Mumm mit sich, um für einen großen Fernsehspaß ohne Mehrwert zu sorgen. Und gerade für Leute die ihre Jugendzeit in den 80er Jahren im Ruhrpott verbracht, sollte das hier eine richtig saftige Frikadelle sein. In diesem Sinne, Guten Hunger.
Damals war auch Scheiße