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Red Sparrow

von Sean Theumer

Man braucht Filme die Grenzen austesten. Filme, die zeigen wo das Limit des Zumutbaren liegt. Gerade im prüden Amerika, wo oftmals das Erschlagen, Erschießen oder Erstechen von Personen kein Grund für eine hohe Freigabe ist, reicht oftmals der Hauch einer Brust für ein massenuntaugliches Rating. Und da kommt Red Sparrow um die Ecke, der bereits für Kontroversen sorgte. Nicht nur weil er ausgelassen und explizit mit der Nacktheit der Protagonisten umgeht, sondern weil er in seiner rohen und zynischen Brutalität für schlaflose Nächte sorgen wird.

Rein schematisch orientiert sich Regisseur Francis Lawrence am klassischen Agententhriller, doch verlegt er seine Geschichte in die heutige Zeit. Doch trotz Flatscreens, Smartphones und modernen Luxuskarren kommt klassische Stimmung auf. Jegliches Tempo wurde der Inszenierung genommen, wobei sich leider auch die größte Schwäche von Red Sparrow offenbart. Die Laufzeit ist nicht nur äußerst konsumerunfreundlich, sondern auch weitaus länger als benötigt. Der Film verfängt sich im repetitiven Muster und wirkt aufgeblähter als nötig. In Abstraktion eines bekanntes Spruches könnte man die Geschichte, neben all seinen Täuschungen, Doppelagenten und verzwickten Beziehungen auf ein modernes „Beat, Sleep, Rape, Repeat“ beschränken. Die Fleischbetrachtung lässt schnell Langeweile aufkommen, die undurchsichtige Darstellung der einzelnen Charaktere stiftet unnötig Verwirrung und so findet man sich am Ende doch schnell in der Bredouille, dass Red Sparrow eher ermüdet als unterhält.

Red Sparrow

Wer einen Bruder im Geiste von Atomic Blonde erwartet, sollte seine Absichten unbedingt nochmal überdenken. Action gibt es in Red Sparrow überhaupt nicht, was einerseits der Dynamik schadet, jedoch der Intensität zu Gute kommt. Die Gewalt ist abstoßend inszeniert, ekelerregend und mit einer rohen Konsequenz durchzogen. Die Kameraarbeit ist ausgezeichnet gelungen. Gerade das ewige Welzen in totalen Einstellungen ist ein Augenschmaus und in Verbindung mit dem subtilen Score von James Newton Howard eine Wohltat für Augen und Ohren. Aber mehr gibt es in Red Sparrow einfach nicht zu holen. Ein konfuser Eye Candy mit ambitionierten Darstellern (und furchtbarem russischen Akzent), dem man seine Prüfung der Grenzen des Otto-Normal-Zuschauers anrechnen sollte.

Dass das letztendlich im Urteil keine Pluspunkte gibt ist selbstverständlich. Hollywood sollte mehr Mut für ausgedehnte Stoffe aufbringen, doch sie besser umsetzen. Für Freunde des klassischen Agentenfilms ist da vielleicht was nettes dabei, alle Anderen dürften schnell dabei ertappt werden, wie sie quälend auf Handy oder Uhr starren, um davon abzuleiten wie lang das Sitzfleisch noch in Anspruch genommen wird. Bei uns bleibt ein äußerst zwiegespaltenes Filmerlebnis im Kopf zurück.

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©20th Century Fox

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