Es wird mit Sicherheit zutreffen, dass J.A.Bayonas Romanverfilmung Sieben Minuten nach Mitternacht, der im Original übrigens A Monster Calls heißt, hierzulande kaum Beachtung bekommen wird. Nicht nur, weil der ursprüngliche Starttermin im Februar ohne Gründe um knapp 3 Monate verschoben wurde und der Film im Ausland zeitgleich mit dem deutschen Kinostart erscheint, sondern weil der Trailer zusätzlich ein völlig falsches Bild vermittelt. So vermutet man nach der Vorschau noch einen groß bebilderten Fantasyfilm mit dramatischen Zügen, doch Sieben Minuten nach Mitternacht ist vom Ton komplett anders.
Damit möchte ich direkt für die Kinogänger von euch einen Hinweis nehmen. Egal mit wem ihr ins Kino geht, ob zusammen mit einer Freundin, mit eurem Freund, eurem Kumpel oder eurer Familie: Ein Packung Taschentücher wird nicht reichen, um den Tränenfluss zu stoppen. Sieben Minuten nach Mitternacht ist ein tieftrauriges Drama über einen Außenseiter, der daheim für seine krebskranke Mutter sorgt und in seinen Alpträumen Besuch von einem alten Baum bekommt. Doch anstatt auf große Bilderwelten fokussiert sich Bayona auf die Gefühle. In der Schule wird der Junge Conor von anderen Mitschülern schikaniert und geschlagen, daheim hat er keine Zeit seine wertvolle Kindheit auszuleben. Es ist ein Schicksal, dass ohnehin nicht leicht anzusehen ist, zumal die bedrückende Inszenierung der Schultaten enorm intensiv ist. Wenn Conor jedoch in seinen Träumen heimgesucht wird, passiert dies in düsteren Bildern. Die Beziehung zwischen dem Monster und Ihm zielt auf eine größere Erkenntnis ab, die durch drei Rätselgeschichten ans Licht kommen soll. Die tolle Optik wird durch die animierten Kurzgeschichten abgerundet, das Schauspiel durch die überragenden Darsteller zu einem echten Highlight. Allein Lewis MacDougal, ist so stark, dass selbst Felicity Jones und Sigourney Weaver alt aussehen.
Nun allerdings kommen wir zum Nachteil für den Zuschauer. Bayona inszeniert Sieben Minuten nach Mitternacht so aufwühlend und tragisch, dass man ein Eisblock sein müsste, um nicht davon emotional berührt zu werden. Die Erkenntnis, dass Verlust oftmals nur mit persönlicher Akzeptanz erträglich wird, spitzt sich in den Traumwelten bereits so zu, dass man eventuell die letzte Stunde nur noch am schluchzen ist. Es geht darum aus seinem Leiden herauszubrechen, sich in Akzeptanz mit dem Tod zu bringen und loszulassen. Für diese Erkenntnis braucht man vielleicht auch etwas Zeit nach dem Kino, insofern man die Leinwand vor lauter Tränen überhaupt noch erkennt. Sieben Minuten nach Mitternacht ist einer der schönsten und bedrückendsten Filmen des Jahres und so bewegend, dass man danach direkt zu seiner Mutter rennen möchte, um ihr zu sagen, dass man sie liebt bevor es vielleicht irgendwann zu spät dafür ist. Seine stärksten Momente hat Sieben Minuten nach Mitternacht nämlich nicht in seinen aufwändig animierten Traumsequenzen, sondern in den gefühlvoll nuancierten Tönen zwischen Mutter und Kind. Ein wirklich toller Film!
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