Vor zwei Jahren durfte Parker Finns Horrorhit Smile einen Welterfolg feiern und löste einen gigantischen medialen Hype aus. Am vergangenen Donnerstag startete nun seine Fortsetzung Smile 2, produziert mit einem knapp doppelten Herstellungskostenbetrag – und spielte an seinem ersten Wochenende weltweit 48 Mio. Dollar ein. Jetzt schon ein Erfolg. Doch auch für das Publikum?
Der erste Teil spaltete die Geister in unzähligen Diskussionen über die Oberflächlichkeit und Tiefe des Filmes. Das Jump Scare-Feuerwerk bestand aus teils fantastischen Ideen, die ebenso simpel wie konsequent waren – ganz anders als die verzweifelten Schocker aus dem Conjuring-Universum. Dennoch bot Finns Spielfilmdebüt auch einen interessanten Ansatz über Isolationsgefühle von Menschen mit Depression und Traumata. Wie dem Ganzen eine Steigerung geboten werden kann, beantwortet das Sequel zum Teil bereits in seinen ersten fünf Minuten. Mit einem innovativen (scheinbaren) One-Take, einem Distotion Synthies Soundtrack und einem bestechenden optischen Stil, sowie sofortiger Over-the-top-Brutalität wird äußerst schnell klar, woran Finn interessiert ist: Qualität.
Es wäre nicht verwunderlich, wäre dieselbe Story mit mehr Jump Sacres aufgeblasen worden. Tatsächlich befindet sich Smile 2 in einem ähnlichen Konzept (logischerweise), doch ist das urbane Stadtbild von New York City und die Welttournee-startenden Situation der Protagonisten ein gänzlich neues Umfeld. Denn der Superstar Syke Riley (gespielt von der Britin Naomi Scott) arbeitet derzeit an einem Imagewechsel bzw. an einem Imageneustart nach jahrelangem, intensivem Drogenmissbrauchen und einen verheerenden Autounfall, bei dem ihr Lebenspartner verstorben ist. Nun steht das Eröffnungskonzert bevor – und der Smile-Virus hat sie bereits infiziert.
Für die Hauptdarstellerin Naomi Scott muss dringend eine Lanze gebrochen werden, denn ihre Perfomance gleicht tatsächlich der Präsenz und Tragweite eines Superstars. Ihre Auseinandersetzung mit ihrer Figur ist in jeder Szene geradezu ersichtlich, wenn sie zwischen Reife, Stärke, Selbstsicherheit, Vulnerabilität, Trauma und dem anbahnenden Wahnsinn zu kämpfen hat. Hier ist ein neuer Hollywood-Star geboren. Und Regisseur und Drehbuchautor Parker Finn weiß genau, wie er sie dafür in Szene setzt. Mit unglaublich hochwertigen Arri Alexa 65-Bildern, einer sagenhaften Ausstattung an Licht, Farben und Interior wird eine Größe aufgebaut, die sich tatsächlich wie eine waschechte Fortsetzung anfühlt im klassischen Sinne eines Kinofilmes – nicht nach dem stümperhaften Prinzip der meisten Horror-Franchises. Doch die größte Überraschung kommt noch: Smile 2 benötigt nicht einmal mehr Jump Scares, um zu überzeugen. Ja, der intensiviert den Härtegrad seiner Gewaltszenen – und das funktioniert mit spürbarem Effekt (anders als David Gordon Greens Halloween Kills). Dazu werden komplexe Kamerafahrten und Shots etabliert, die eine IMAX-Auswertung verdient hätten. Leider jedoch folgt das Drehbuch dem eher geläufigen Prinzip eines Realtät-Fiktion-Tanzes (wie schon zuletzt bei Hellraiser V – Inferno besprochen), was eine Begeisterung über die filmische Innovation nur bedingt zulässt. Doch das ist in Ordnung für das, was Smile 2 in jedem anderen Fall hätte werden können. Wenn man Finns Worten Glauben schenken kann, steckt also noch weitaus mehr in diesem Franchise als „nur“ zwei eigensinnige Filmideen. Wir dürfen gespannt sein, in welche Richtung diese Filmreihe und seine Inhalte noch schlagen werden. Doch ein ist sicher: Smile 2 gehört zu den besten und hochwertigsten Horror-Sequels der letzten Jahre!
Empfehlenswert für Halloween, weil Parker Finns Spiel aus modernem Horror, Blockbuster-Ästhetik und der Intensivierung von Stil, Gewalt und Charaktererzählung ein äußerst stimmiges Kino-/Filmerlebnis kreiert, das besser ist als sein erster Teil. Zwar erreichen die Jump Scares im Sequel nicht mehr dasselbe Level wie sein Vorgänger, doch punktet es dafür mit vielen anderen Qualitäten.
Drehbuch & Regie: Parker Finn
Produktion: Marty Bowen, Wyck Godfrey, Isaac Klausner’, Parker Finn, Robert Salerno
Darsteller: Naomi Scott, Rosemarie DeWitt, Kyle Gallner, Lukas Gage
Bildgestaltender Kameramann: Charlie Sarroff
Komponist: Cristobal Tapia de Veer
Altersfreigabe: ab 18
Laufzeit: 127 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 2024
Budget: 28 Mio. USD
Box Office: 46 Mio. USD (erstes Kinowochenende weltweit)
Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Paramount Pictures.